03.04.2020

„Empfinde große Demut“

Thomas Fischbacher
Thomas Fischbacher
Ein Gespräch mit Martin Kaymer, in dem es nicht um Golf geht, sondern um Demut, Solidarität und eine von ihm ins Leben gerufene Spendenaktion.

Martin Kaymer verweilt gerade in Deutschland, und muss sich natürlich auch an das Kontaktverbot halten. Was heißt: Seinem Beruf kann er aktuell nur äußerst beschränkt nachgehen. So bleibt Zeit für andere Themen und Projekte. Kaymer hat sich entschlossen, den Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie aktiv mitzugestalten und eine Spendenaktion ins Leben gerufen. Ein Gespräch über Demut, Kochen und gegenseitige Hilfe.

Herr Kaymer, wie geht es Ihnen in dieser turbulenten Zeit?

Soweit ist alles okay. Ich versuche, das Beste aus dieser Situation zu machen und empfinde gerade große Demut. Es geht mir einfach wahnsinnig gut im Vergleich zu vielen anderen. Ich wohne in einer tollen Wohnung, habe ein Auto, mit dem ich mich frei bewegen kann, den Rhein vor der Haustüre und keine finanziellen Probleme. Das nimmt man oft als selbstverständlich hin, aber in so einer Zeit denke ich viel darüber nach.

Wie sieht Ihr Alltag aktuell aus – abgesehen vom Golf- und Fitnesstraining?

Ich habe die Liebe zum Kochen entdeckt und stelle mich nicht so schlecht an (lacht…). Jeden Tag gibt es etwas anderes. Ich genieße den Prozess: Gerichte überlegen, Einkaufszettel schreiben, einkaufen und dann das Kochen an sich. Ansonsten höre ich Podcasts, lese viel; einige Krimis, aber auch Bücher über Golf. Zum Beispiel Zen Golf – das mentale Spiel meistern – das ist schon etwas älter. Ein weiterer Klassiker war auch dabei: Harvey Penick, das kleine rote Buch.

Eine Podcast-Empfehlung?

Zuletzt habe ich ein Interview von Oprah Winfrey mit Michelle Obama gehört – sehr empfehlenswert.

Gibt es weitere Projekte?

Mein Vater hat mir vor ein paar Tagen beigebracht, wie man eine Mauer richtig aufbaut – Beton mischen, Ziegel setzen und so weiter. Außerdem habe mir vor einiger Zeit eine Gitarre gekauft. Die habe ich jetzt mal aus dem Keller geholt, gestimmt und ein paar YouTube-Videos recherchiert mit guten Hilfestellungen. Jetzt kann es losgehen, ich starte von null.

E-Gitarre?

Nein, akustisch, so cool bin ich dann auch nicht. (lacht…)

Es klingt fast so, als würden Sie mit der aktuellen Situation ganz gut klar kommen.

Mein Eindruck ist der, dass viele Menschen sich auf die Dinge konzentrieren, die nicht gut laufen. Ich versuche, die Situation so anzunehmen, wie sie nunmal ist. Natürlich ist es ein enormer Stress für viele, wenn sie Angst um den Job haben müssen und ihre Miete nicht mehr bezahlen können. Das kann ich nachvollziehen. Aber grundsätzlich sitzen wir alle im gleichen Boot. Wir müssen gerade sehr spezielle Regeln einhalten und Vertrauen haben, dass die Regierung diese schwierige Situation lösen wird und dass sich die Wirtschaft durch die Maßnahmen erholt. Es geht auch viel um Menschlichkeit; dass man sich gegenseitig hilft und sich solidarisch verhält. Darüber habe ich mir viele Gedanken gemacht.

Deshalb haben Sie eine Spendenaktion ins Leben gerufen…

Natürlich habe ich mir die Frage gestellt, was ich machen kann, um zu helfen. Zum einen hier in der Region, wo es vor allem in Heinsberg sehr tragisch aussieht, aber auch an weiteren Orten, die mir am Herzen liegen. Südafrika war der Ursprung der Idee der Martin Kaymer Helianthus Stiftung, in Italien geht es den Leuten sehr schlecht. Ich habe dieses Land immer als sehr herzlich empfunden. Die finanzielle Hilfe soll vier konkreten Organisationen und Projekten in diesen drei Ländern zukommen. Ich hoffe sehr, dass wir mit dieser Spendenaktion die Leute unterstützen können.

Auf was freuen Sie sich in der Zeit nach dem Kontaktverbot besonders?

Es sind die einfachen Dinge: Abends vor die Türe zu gehen, ein Restaurantbesuch, ein Radler im Biergarten oder auch einfach nur mit ein paar Freunden Blödsinn reden. Das soziale Miteinander, das immer so selbstverständlich erscheint, fehlt besonders in dieser Zeit.

Auf der Spendenplattform Gofundme unter https://bit.ly/MKaymerGofundme findet Ihr ab sofort eine Spendenaktion zugunsten von Corona-Betroffenen, die mit einem Startkapital von 50.000 Euro ausgestattet ist.

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