16.01.2018

Mehr Rückgrat, bitte

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Donald Trump disqualifiziert sich Tag für Tag mehr als – wenn auch nur einigermaßen – fähiges Staatsoberhaupt. Während zahlreiche U.S.-Football- und Basketballstars ihre große Bekannt- und Beliebtheit als Plattform nutzen, um sich gegen die hanebüchene Regierungsweise ihres Präsidenten aufzulehnen, schließen die besten Golfer der Welt Freundschaft mit Trump.

Von Damian Bungart

„Warum kommen all diese Menschen aus Drecksloch-Ländern (auf Englisch: „shithole countries“) hierher?“ Dieser Satz beherrscht derzeit die neueste Debatte um U.S.-Präsident Donald Trump. Der 71-Jährige soll ihn bei einem Treffen mit Parlamentariern geäußert haben. Schlimm genug. Noch schlimmer ist aber das Verhalten von Dustin Johnson, Rory McIlroy, Jack Nicklaus, Justin Thomas und Tiger Woods.

All‘ diese großen Golfer spielten in der jüngeren Vergangenheit eine lässige Runde Golf mit dem umstrittenen U.S.-Präsidenten. Damit boten sie Trump eine Bühne, die er – garniert mit lustigen Daumen-nach-oben-Fotos – nach dem Motto nutzte: „Schaut her, so schlimm bin ich gar nicht.“ Für die junge Fangemeinde eines Johnson, McIlroy oder Thomas ein fatales Signal. Denn sie schauen zu ihren Golfidolen auf. Und die senden durch ihre Teilnahme an der Runde Golf mit Trump die Botschaft: „Schaut her, so schlimm ist er gar nicht.“
In einer privaten Golfrunde spielt nicht der U.S.-Präsident, sondern Donald Trump
Doch, er ist schlimm. Andere Staaten als „Drecksloch-Länder“ zu bezeichnen, ist schlimm. Zu twittern: „Hindert Ebola-Patienten daran in die USA zu kommen. Behandelt sie, auf höchstem Niveau, woanders. Die Vereinigten Staaten haben genug Probleme“, ist schlimm. Zu sagen, er könne jeder Frau einfach so zwischen die Beine greifen, einfach aufgrund seiner machtvollen Position, ist schlimm. Zu twittern: „Die globale Erwärmung wurde von und für die Chinesen erfunden, um die U.S.-Produktion wettbewerbsunfähig zu machen“, ist schlimm.
Johnson, McIlroy, Nicklaus, Thomas und Woods machen es sich viel zu einfach, wenn sie ihre Entscheidung mit Trump zu spielen damit begründen, das Amt zu respektieren. In einer privaten Golfrunde spielt nicht der U.S.-Präsident mit dem Major-Sieger oder Ryder-Cup-Gewinner. Auf den Scorekarten steht Donald Trump, Justin Thomas, Rory McIlroy, Jack Nicklaus, Dustin Johnson, Tiger Woods.
CNN-Video von der Runde mit Dustin Johnson:

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„Ich wollte nicht, dass es politisch wird“
Nehmen wir Rory McIlroy als Beispiel. Im Jahr 2016 sagte er seine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro ab, offiziell wegen des Zika-Virus. In einem Interview mit dem irischen Independent erklärte er später, dass ihm die Entscheidung, ob er für Irland oder Großbritannien antritt, zugesetzt hätte und er deshalb nicht teilnahm. „Ich wollte nicht, dass es politisch wird.“
Interessant, im Kontext einer Teilnahme an den Olympischen Spielen soll es nicht politisch werden, aber die Einladung zu einer Runde Golf mit dem U.S.-Präsidenten kann der Nordire McIlroy nicht ablehnen? Und begründet diese Entscheidung sogar ausschließlich politisch, nämlich mit seinem Respekt für das Amt, „unabhängig vom Respekt für die Person, die es inne hat“, wie er in der New York Times erklärte. Nicht ganz schlüssig, oder?
Ein Profisportler hat eine öffentliche Verantwortung
Im Grunde geht es um Verantwortung und die Rolle eines Profisportlers. Berufssportler stehen im Rampenlicht. Sie sind öffentliche Personen. Sie haben Fans. Sie haben Verehrer. Sie verdienen – nehmen wir die Beispiele U.S.-Basketball, Football und Golf – eine Menge Geld. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sie Werbeträger sind. Sie überbringen Botschaften. Wenn Tiger Woods eine Pepsi trinkt, wirkt sich das auf die Verkäufe von Pepsi aus. Seine Fans assoziieren die Marke mit ihrem Idol – und kaufen im Zweifel auch seinetwegen eher eine Pepsi als eine Coca Cola.
Das Argument: „Es ist doch reine Privatsache, mit wem Profisportler XY Golf spielt“, ist somit keines. Denn eine mit Fotokamera und Social-Media-Posts begleitete Golfrunde mit Donald Trump ist eben keine Privatangelegenheit. Ein solches Treffen vermittelt eine Botschaft. Oder würde eine medial begleitete Schachpartie zwischen Martin Kaymer und Wladimir Putin ebenfalls als „reine Privatsache“ abgestempelt?
Ein Beispiel an Steph Curry nehmen
Die Verantwortung eines Profisportlers erstreckt sich auf alle Bereiche seines öffentlichen Wirkungskreises. Das mag nicht immer schön sein für die Sportstars – Stichworte Urlaub, Familie, persönliche Krisen –, doch es ist Teil des Geschäfts. Das wissen sie, bevor sie Millionen-Verträge unterzeichnen, für ihre sportlichen Leistungen oder als Werbebotschafter.
Stephen Curry ist sich seiner Verantwortung und den Auswirkungen seiner Handlungen bewusst. Der Baketball-Superstar (und passionierte Golfer) lehnte eine Einladung ins Weiße Haus im vergangenen September ab. Auf die Frage nach den Gründen, sagte er: „Wir (sein Trainer Steve Kerr, der die Einladung ebenfalls ausschlug, und Curry, Anm. d. Autors) stehen nicht hinter den Dingen, die er gesagt hat und die er nicht gesagt hat, zur richtigen Zeit.“ Er bezog sich damit auf die (Nicht-)Positionierung des Präsidenten nach dem rassistischen Aufmarsch in Charlottsville im August 2017.
„Wir nutzen unsere Plattformen und Möglichkeiten“
„Wir Athleten versuchen, was wir können. Wir nutzen unsere Plattformen und Möglichkeiten, um diese Dinge zu beleuchten. Ich glaube nicht, dass wir, indem wir nicht ins Weiße Haus gehen, auf wundersame Weise alles besser machen, aber es ist meine Möglichkeit, darauf aufmerksam zu machen.“
Es wäre schön, wenn sich auch die Großen des Golfsports ihrer öffentlichen Wahrnehmung bewusst würden und mehr Rückgrat bewiesen.

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