14.04.2019

Mit Woods kommt die Stille

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Als Tiger Woods die Bühne bei der Pressekonferenz betritt, wird es andächtig still.


Aus Augusta berichtet Thomas Fischbacher

Es sind gut 300 Meter vom 18. Grün des Augusta National Golf Club bis hin zum vor zwei Jahren eröffneten Medienkomplex. Und als die Durchsage lautete: „Tiger Woods is on his way to the interview room“, begann das große Wandern der anwesenden Journaille. Schon bald waren in dem großzügigen und in gewohnter Augusta-Perfektion dekorierten Raum alle Plätze belegt. Der Rest drängte sich stehend dazu. 
Als Woods, aufgeladen vom Lärm und der maximalen Emotion rund um das 18. Grün, mit dem Cart um die Ecke kam und mit seinem roten Turtleneck-Polo, ummantelt vom Grünen Jackett, den Raum betrat, wurde es aber leise. Es war ein merkwürdiger Moment zu Beginn der Sieger-PK. Wie bei einer Schweigeminute. Niemand traute sich zu applaudieren. Man hätte einen Stift fallen hören.  „Welcome back“, eröffnete der Moderator das Gespräch. „Oder soll ich sagen: Welcome home.“ Die Folge: verhaltenes Schmunzeln. 
Journalistische Distanz ist ein Kernkriterium der schreibenden Zunft, man ist ja kein Patron – aber in Sachen Woods ist das alles nicht so einfach. 
Das Raunen, das Hoffen, das Mitfiebern – es war offensichtlich. 98 Prozent der anwesenden Journalisten weltweit, von der italienischen Delegation einmal abgesehen, drückten Woods während der Finalrunde die Daumen.
Nachvollziehbar: Denn jeder weiß, wie bedeutend dieser Sieg war. Nicht nur für Woods, sondern auch für den Golfsport. 
Dieses Comeback nach langer Leidensphase hat das Zeug dazu, weltweit Leute auf unseren Sport aufmerksam zu machen und für Furore zu sorgen; junge wie ältere Menschen zu begeistern. Woods-Erfolge erreichen Dimensionen, in die ein Koepka, Johnson, Schauffele oder auch ein Molinari – bei allem Respekt vor diesen großartigen Athleten – (noch) nicht vorstoßen können.
Die Geschichte dieses scheinbar invaliden Mannes, dem nach knapp elf Jahren wieder ein großer Coup gelingt, ist einfach zu spektakulär, um ihm auf dem Weg dorthin nicht die Daumen zu drücken.
Da kann die journalistische Distanz schon einmal leiden.

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