05.09.2021 | 12:28

Lochgewinn per Videobeweis

Thomas Fischbacher
Thomas Fischbacher

Einiges los beim Solheim Cup: Nach einem Putt der Weltranglistenersten greift die Schiedsrichterin ein. Die USA holen das Loch nach Videobeweis. 


Der Golfsport ist komplex, seine Regeln auch. Wie komplex zeigte sich am Eröffnungstag des Solheim Cup. Am Nachmittag erfuhr die Golfwelt bei der Fourball-Partie zwischen Nelly Korda mit Ally Ewing (USA) gegen Madelene Sagstrom und Nanna Koerstz Madsen (Europa), wie das Regelbuch einen an der Lochkante hängenden Ball definiert und wie lange man den Ball an dieser Stelle – nun ja – abhängen lassen darf.

Aber der Reihe nach: Es stand all square in der Begegnung und Nelly Korda puttete auf Loch 13 zum Eagle und Lochgewinn für das Team Vereinigte Staaten. Ihr Putt kam Millimeter vor dem Loch zum Liegen. Während Korda enttäuscht in die Knie ging, nahm Sagstrom den Ball auf und warf ihn ihrer Kontrahentin zu. Das Loch war scheinbar mit Birdie geteilt.

Schiedsrichterin mischt sich ein

Doch dann mischte sich die Schiedsrichterin ein. Missy Jones stufte Sagstroms voreiliges Aufnehmen als regelwidrig ein. In ihren Augen befand sich der Ball so nahe am Loch, dass er als „an der Kante hängend“ definiert war. Was bedeutet: Korda hätten zehn Sekunden Wartezeit zugestanden, in der der Ball noch die Chance gehabt hätte, zum Eagle zu fallen. Sagstrom nahm den Ball vor Ablauf dieser Zeit auf.

Nach kurzer Analyse stand fest: Sagstrom hatte gegen Regel 13.3a verstoßen. Kordas Putt galt als gelocht, das Loch ging an Team USA, die so die Führung übernahmen.

Nach Studium der TV-Bilder und Rücksprache mit weiteren Regelhütern erklärte Jones nach der Partie: „Mein Eingriff war absolut konform, eine ganz eindeutige Entscheidung.“ Die LPGA Tour gab später noch eine Erklärung ab, in der es hieß, dass sämtliche beteiligten Offiziellen der Meinung waren, dass Kordas Putt über die Kante hinausragte.

Madelene Sagstrom
Madelene Sagstrom

Tränen bei den Interviews

Am Ende der Partie gab es einen äußerst dezent bejubelten und tränenreichen Sieg der Amerikanerinnen. „Ich hoffe, sie nehmen uns das nicht übel“, kommentierte Korda schluchzend und stellte klar, dass weder sie, ihre Spielpartnerin Ewing noch die Caddies etwas mit dem Ruling zu tun hatten.

Sagstrom schätzte die Lage wie folgt ein: „Natürlich habe ich mich nicht an die Regel gehalten, den Ball 10 Sekunden liegen zu lassen, aber ich glaube an die Integrität und die Ehre des Golfspiels, und ich würde niemals einen Ball aufheben, der die Chance hatte, noch ins Loch zu gehen. […] Es fühlt sich an, als hätte ich mein Team hängen lassen, das ist wirklich kein schönes Gefühl.“

Matthew stellt sich vor Sagstrom

„Ich bin hundertprozentig davon überzeugt, dass Madelene den Ball nicht aufgehoben hätte, wenn sie auch nur eine Sekunde lang daran geglaubt hat, dass der Ball eine Chance hätte, noch zu fallen“, so Europas Team-Kapitänin Catriona Matthew. „Ehrlich gesagt glaube ich auch nicht, dass Nelly oder Ally dachten, dass er reingehen würde.“

Es war eine unschöne Szene eines spektakulären Golftages, aus dem Team Europa mit einer Führung von 5,5 zu 2,5 ging. War es wirklich nötig, diese Partie mit einem Videobeweis von außen zu beeinflussen? Auf der größtmöglichen Bühne des Damengolfs ein Thema aufzumachen, das bei den Spielerinnen auf dem Platz keines war?

Thomas Bjørn, Europas Ryder-Cup-Kapitän von 2018 hatte dazu eine klare Meinung: „Ist den Regelhütern eigentlich klar wie, unglaublich doof sie unser Spiel aussehen lassen?“

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