12.07.2017

Krafteinsatz optimieren

golftime
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Viel Muskelkraft wird im Golfschwung eingesetzt. Sie soll unsere Bewegung beschleunigen. Häufig hat Krafteinsatz jedoch die gegenteilige Wirkung. Hier einige Beispiele, bei denen Krafteinsatz bewegungshemmend wirkt:

Unsere Beugemuskeln und Streckmuskeln arbeiten gegeneinander (Koaktivierung der Antagonisten). Das stabilisiert zwar in den Gelenken, verlangsamt jedoch die Bewegungsdurchführung.
Wir kontrollieren den Bewegungsablauf, „führen den Schläger“ und verlangsamen dadurch die Schlägerkopfgeschwindigkeit. Wir glauben, dadurch mehr Kontrolle zu haben, das ist jedoch nicht der Fall.
Falscher Rhythmus, keine Power
Wir bewegen uns mit falschem Rhythmus, unsere Kraft unterstützt nicht die natürliche Bewegung, die z. B. aufgrund der Physik gegeben ist, sondern behindert sie.
Wir führen Bewegungen durch, um unseren Krafteinsatz besser zu spüren. Strecken z. B. das Handgelenk zu früh (Angel auswerfen). Dadurch erhöhen wir den Bewegungswiderstand und erschweren die Bewegung. Um zu lernen, unsere Kraft optimiert einzusetzen, ist es hilfreich, einige Vorübungen durch- zuführen. So eigenartig es klingen mag, wir müssen uns beim optimierten Golfschwung zuerst mit dem Gefühl der „Kraftlosigkeit“ anfreunden. Die Bewegung soll nicht schwer sein, sondern schnell. Als Erstes daher: Wie kommt es zur Kraftentfaltung durch Muskelkraft?
Verkürzung des Muskels
Jede Muskelfaser enthält Aktin- und Myosinfilamente, die für die Kontraktion verantwortlich sind. Diese Filamente (fadenförmige Gebilde) haben Kontaktstellen, an denen sie sich verbinden. Bei einer Muskelkontraktion bindet das Myosin an das Aktin und die „Verbindungsbalken“ erzeugen eine mechanische Wegveränderung. Dadurch gleiten die Aktin- und Myosinfilamente aneinander vorbei. Das führt zur Verkürzung des Muskels. Ursprung und Ansatz des Muskels kommen näher zusammen, wir verändern dadurch die Winkelstellung im betroffenen Gelenk.
Am häufigsten hören wir von der isometrischen Muskelanspannung. Hierbei wird ein Muskel angespannt, ohne dass eine Bewegung im Gelenk erfolgt (z. B. beim Bodybuilding). Heben wir einen Gegenstand auf und beugen dabei im Ellbogen, dann verkürzt sich der Muskel und man nennt diese Form der Kontraktion konzentrisch. Man spricht von exzentrischer Muskelkraftentfaltung, wenn z. B. der M. biceps (Beugemuskel im Ellenbogengelenk) angespannt ist und gegen die Spannung des Muskels, Ursprung und Ansatz auseinandergezogen werden.
Entwicklung der höchsten Muskelkraft
Der Winkel im Ellbogengelenk vergrößert sich somit, obwohl die Muskelanspannung versucht, das zu verhindern. In diesem Fall hat der Muskel bereits eine Zugkraft entwickelt. Diese Zugkraft erhöht sich durch die zusätzliche Dehnung. Man entwickelt auf diese Art die höchste Muskelkraft.
Die Größe der entstehenden Muskelkraft hängt also auch davon ab, welche Bewegung in einem Gelenk während der Muskelanspannung stattfindet. Das können wir beim Golfschwung ausnützen. Wir benötigen muskuläre Vorspannung und müssen uns so bewegen, dass wir die exzentrische Muskelkraft in den verschiedenen Gelenken nützen können. Somit muss unser Bewegungsverhalten und der Aufbau von Muskelspannungen aufeinander abgestimmt werden.
Ab auf den Platz
Spitzensportler nützen immer die optimierte Kraftentfaltung der exzentrischen Muskelspannung. Bei allen Tourspielern erkennt man die entsprechenden Bewegungsmuster. Diejenigen, die das weniger nützen, sind auch diejenigen, die die geringeren Schlagweiten aufweisen.
Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, Golfschülern diese Bewegungsdetails aufzuzeigen und beizubringen (Healthy-Swing.at). Das geschieht mit einfachen, leicht durchführbaren Übungen, die nicht unbedingt am Golfplatz durchgeführt werden müssen. Da wir den exzentrischen Muskelkrafteinsatz nicht als anstrengend empfinden, führt das immer zu einem Gefühl der Leichtigkeit und erhöht trotzdem die Schlagweiten.

Dr. Christian Haid ist Biomechaniker und leitet die Golfschule www.healthy-swing.at

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