21.09.2016

Pendel und Peitsche

Dr. Christian Haid
Dr. Christian Haid
Pendel und Peitsche. Warum es extrem wichtig ist zu verstehen, weshalb so wenig Krafteinsatz im Golfschwung zu weiten Schlägen führt.

Der Golfschwung hat Elemente von Pendel und Peitsche. Beide zusammen führen zu hoher Schlägerkopfgeschwindigkeit.

Diejenigen, die imstande sind, die vorkommenden physikalischen Effekte perfekt aufeinander abzustimmen, erreichen mit minimiertem Kraftaufwand die größten Schlagweiten.

Longhitter sind imstande, mit ihrer Kraft diese Effekte zu unterstützen. Auch wenn wir bei diesen Spielern angespannte Muskeln sehen, sind die Spieler doch fähig, den Schläger freizugeben.

So gesehen bleibt bei allem Kraftaufwand das Element „den Schläger schwingen lassen“ erhalten.

Ein Pendel dreht sich um seine Aufhängungsachse. Es schwingt umso langsamer, je länger es ist. Das kennen wir von den Pendeluhren.

Somit müssen wir uns beim Driver auf einen langsameren Rhythmus einlassen als z. B. beim Eisen 7. Das Pendel genauer zu erklären, ist wohl nicht notwendig, denn wir sind mit dieser Bewegung vertraut. Es ist aber eine gute Übung, Bälle zu schlagen und möglichst nur die Schwerkraft wirken zu lassen.

Es verblüfft, wie weit der Ball nur aufgrund der ungehinderten Pendelbewegung fliegt.

Peitscheneffekt

Um den Peitscheneffekt zu erklären, müssten wir einen Ausflug in die Physik machen, aber das möchte ich dem Leser an dieser Stelle ersparen.

Diese Information liefere ich in meinen Golfstunden. Es ist extrem wichtig zu verstehen, weshalb so wenig Krafteinsatz im Golfschwung zu weiten Schlägen führt.

Experimentell ist das leicht verständlich und es lässt sich auch gut fühlen. Wer einmal weiß, worauf es ankommt, der kann dann sehr gut selbstständig trainieren.

Zusammen mit Kai Fusser, dem Fitnesstrainer der einst weltbesten Golferin (Annika Sørenstam), habe ich Übungen entwickelt, mit denen man wichtige Bewegungsdetails sehr gut üben kann.

Das Gefühl, das bei einem Schwung entstehen soll, ist leicht erklärbar. Man muss versuchen, locker und mit möglichst wenig Krafteinsatz zu agieren. So wie ein Kind den Schläger locker schwingt.

Diese Bewegung nachzuahmen, ohne dabei auf das Treffen des Balles zu achten, ist lehrreich. Sich dabei auf den Körper zu konzentrieren und zu spüren, wie bestimmte Bewegungsabläufe den Schläger wie von selbst beschleunigen, ist ein wichtiger Schritt zu einem guten Golfschwung.

Wir lernen dabei Bewegungselemente, die wir im Golfschwung ausnützen sollten. Unsere Schlagweite beschränken wir häufig, weil wir den Ball treffen wollen, uns dabei verkrampfen und Kraft falsch einsetzen. Auch die ständige Korrektur des Griffes ist kontraproduktiv, da sie häufig zu verkrampfter Schlägerhaltung führt.

Bewegungsmuster

Zugegeben, anfangs führt  Lockerheit zu Fehlschlägen, denn wir müssen erst lernen, bestimmte Bewegungen zuzulassen und doch wichtige Randbedingungen einzuhalten. Pendel und Peutsche eben. Aber es ist notwendig, manche Bewegungsmuster in übertriebener Form zu üben. Somit gelingt die Verbesserung des Golfschwunges nur durch Inkaufnehmen von Fehlschlägen.

Den Golfschwung zu erlernen und zu verbessern beinhaltet daher unterschiedliche Aspekte. Meistens beobachtet man den Versuch, den Ball sauber zu treffen und möglichst genau zu zielen. Auch bei der Beobachtung von Golfstunden habe ich den Eindruck, dass darauf viel Wert gelegt wird.

Das sind jedoch meines Erachtens Details, die sehr wichtig werden, wenn man bereits einen guten Schwung hat.

Schmerzfrei spielen

Somit wird aus meiner Sicht das Falsche trainiert. Es wird versucht, mit einem schlechten Golfschwung einen guten Score zu spielen. Denken Sie daran – das Motto lautet Pendel und Peitsche.

Bis zu einem gewissen Grad gelingt das ja auch, aber das Schönste am Golfsport, den Ball mit Leichtigkeit an sein Ziel zu befördern, das bleibt dabei auf der Strecke.

Somit ist mein Ziel im Golfunterricht ein ganz anderes. Zuerst einen Golfschwung erlernen, der sich frei, locker und cool anfühlt. Gleichzeitig darauf achten, dass dieser Schwung den Körper nicht unnötig belastet. Das hat dazu geführt, dass viele Golfer, die zu mir gekommen sind, jetzt schmerzfrei spielen. Einige behaupten sogar, dass ihnen Golfen gegen Rückenbeschwerden hilft.

Hintergründe eines guten Golfschwungs

Zusätzlich sollte der Golfer die Hintergründe eines guten Golfschwunges kennen, denn üben muss jeder für sich. Somit erreicht man, dass Golfer sich selbstständig weiterentwickeln und nur zwischendurch Kontrollen hinsichtlich unbeabsichtigter Fehlbewegungen notwendig sind.

Mir kommt an dieser Stelle die prägnante Formulierung einer Golferin in den Sinn: „Lieber cool geschwungen als verbissen gerissen“.

Dr. Christain Haid ist Biomechaniker an der Universitätsklinik Innsbruck.

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