14.08.2018

Die Sache mit dem Loft

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Betrachtet man die Entwicklung der letzten Jahre, so stellt man fest, dass es massive Unterschiede zu früher gibt.


Johannes Herbig,  Inhaber der Fitting-Schmiede Clubmate Golf in Pfungstadt

Nachdem wir in der letzten Ausgabe einen Blick auf die derzeitigen Konstruktionstrends im Bereich der Hölzer geworfen haben, widmen wir uns in diesem Artikel dem Bereich der Eisen. Hier geht der Trend ganz klar zur Steigerung des Schlägerkopf-MOI (Trägheitsmoment). Es geht also vor allem darum, die Köpfe weniger anfällig bei Off-Center-Treffern zu machen, um auf diesem Weg mehr Genauigkeit ins Eisenspiel zu bekommen. Es gibt unterschiedliche Wege, um dieses Ziel zu erreichen.

Größeres Schlägerblatt

Dies ist der einfachste Weg, um einen Schläger träge zu machen. Man vergrößert das Schlägerblatt vor allem in den Dimensionen Abstand Ferse-Spitze und macht das Blatt relativ länglich. Durch diese Maßnahme wird die Masse über eine große Fläche verteilt und die Verdrehung bei einem außermittigen Treffer verringert. Diesen Weg wählen Hersteller vor allem bei günstigeren Modellen, bei denen man nicht auf teure Rohstoffe zurückgreifen möchte. Ein großer Nachteil dieser Designmaßnahme ist die daraus resultierende Optik – Riesen-Schaufeln finden nicht unbedingt reißenden Absatz im Schlägermarkt und bleiben oft ein sehr spezielles Nischenprodukt.

Das Spiel mit den chemischen Elementen

Dieser Weg bietet sehr viele Optionen, um Massen innerhalb eines Kopfes zu verteilen. Zum Teil werden drei bis vier unterschiedliche Materialien in einem Kopf verarbeitet: Eine spezielle Legierung für den Rahmen, eine weitere für die Schlagfläche, dann Kunststoffe im Cavity und Wolfram (Tungsten) vor allem im Bereich der Sohle und der Spitze des Schlägerblattes. Bei einigen Herstellern wird dies in Hohlkammer-Eisen (Callaway Epic, PXG 0311er Serie) oder auch in geschmiedeten Eisen verwendet. Meist nur in Eisen mit weniger Loft, um auch klassisch anmutenden Eisen einen Touch mehr Stressfreiheit zu geben. Diese Konstruktionsweise findet sich u. a. bei Titleists AP2 und CB, aber auch bei der Callaway Apex Pro Serie oder bei Wilsons Forged V6 Schlägern.

Verminderung der Lofts

Ein weiterer Trend, der schon über viele Jahre anhält, ist die Verminderung der Lofts, die mit entsprechenden Eisennummern korrespondieren. Betrachtet man die Entwicklung der letzten Jahre, so stellt man fest, dass es massive Unterschiede zu früher gibt, aber auch große innerhalb der Modelle eines Herstellers. Oft sind bei gleicher Eisennummer 4 bis 6 Grad Loft-Unterschied zu entdecken. Vor allem Eisen mit einer starken Perimeter-Gewichtung fallen durch extrem starke Lofts auf. Das ist grundsätzlich kein Problem und an der einen oder anderen Stelle aufgrund der Massenverteilung innerhalb des jeweiligen Schlägerkopfes sogar notwendig, um einen „normalen“ Ballflug zu erzeugen.
Allerdings kommt irgendwann die Physik doch wieder ins Spiel: Weniger Loft bedeutet weniger Spin. Mit weniger Spin entsteht ein geringerer Lift auf den Ball. Und gewisse Ballgeschwindigkeiten brauchen auch ein gewisses Mindestmaß an Spin, um den Ball in der Luft zu halten. Wir erleben es bei uns in den Fittings immer wieder, dass moderne Eisen zwar absolut betrachtet sehr lang sind – auch in Relation zu ihrem Loft. Aber oft zulasten von sehr geringen Spin-Raten. Die Spieler, die früher kein Eisen 3 oder 4 mehr zufriedenstellend in die Luft bekommen haben, scheitern auch trotz modernster Konstruktionen an einer sehr ähnlichen Loft-Grenze. Die Bälle starten vielleicht noch hoch genug, haben aber zu wenig Rotation und fallen dann schnell aus dem Himmel, und die Chance, den Ball auf dem Grün zum Halten zu bekommen, ist sehr klein. 
Das Credo „High Launch/ Low Spin“ ist zwar auch bei den Eisen erstrebenswert, wenn es um reine Länge geht. Geht es aber um die eigentliche Aufgabe von Eisen – nämlich das strategische Platzieren des Balles auf einer Spielbahn oder einem Grün – dann ist dieses Credo wenig hilfreich. Im Rahmen eines Eisen-Fittings gilt es also, diesen Parameter immer zu berücksichtigen. Was bringen zehn Meter mehr Länge, wenn man den Ball nicht kontrolliert in einem bestimmten Längenbereich unterbringen kann.

Das Fazit:

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass viele moderne Eisen sich deutlich einfacher und zuverlässiger spielen lassen, als dies bei den meisten älteren Eisen der Fall ist. Man bekommt auch in sehr kompakten, sportlichen Köpfen inzwischen ein vergleichbar hohes Maß an Stressfreiheit zur Verfügung gestellt.
Doch man sollte vor allem bei den Eisen immer das ganze Bild betrachten und sich nicht nur einen Teilbereich vornehmen. Ein guter Eisensatz ist wie ein guter Freund. Er begleitet einen sehr lang und ist zuverlässig in vielen (Lebens)Lagen.

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