01.09.2017

Ist teuer gleich gut?

golftime
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In den vergangenen beiden Jahren sind einige Barrieren gefallen, was die Preisgestaltung der Golfschläger angeht – zumindest wenn man sich den Markt der Hersteller anschaut, die einen Großteil des Schlägermarktes repräsentieren. Clubfitter Johannes Herbig über die aktuelle Entwicklung im Schlägermarkt.

Es gab schon immer eine Art Parallel-Universum im Schlägermarkt, in dem sich Firmen wie Honma, Maruman, Craz-E, Muira, Epon und weitere asiatische Hochpreis-Firmen getummelt haben. Deren Verbreitungsgrad ist allerdings bei uns relativ gering, sodass die Preislagen zwar durchaus registriert und kommentiert werden, aber keine Diskussion nach sich ziehen, aufgrund der Sonderstellung dieser Produkte in der Kundenwahrnehmung.
Bühne frei für die Parsons

Vor zwei Jahren kam dann ein Unternehmen auf den Markt, das auch weit davon entfernt ist, Schläger für jeden Spieler anbieten zu wollen. Bob Parsons trat mit PXG an, um in seiner poltrigen und durchaus großspurigen Art einen Markt aufzurütteln. Wenn man sich die Produkte von PXG anschaut und testet, kann man den Entwicklern attestieren, dass es sich um ein spannendes Sortiment handelt mit sehr interessanten Detaillösungen und einigen Performance-Parametern, die einen Spieler sehr wohl für das Thema begeistern können.
Doch was sind die eigentlichen Auswirkungen auf den Markt durch den Auftritt von PXG? Eine ganz klare und pragmatische Auswirkung ist der Umstand, dass Preislagen salonfähig gemacht wurden, die schon lange in der Schublade der großen Hersteller verschwunden waren. Die ersten Callaway Big-Bertha-Driver waren auch nicht für ein Taschengeld zu haben, doch lange Jahre wurden diese Preislagen eher gemieden, um Konsumenten nicht zu verschrecken. Doch wenn ein Driver eines Herstellers für 800 Euro angeboten wird, erscheinen 550 Euro auf einmal gar nicht mehr so teuer – und diese 550 Euro entsprechen dem Preis der Great Big Bertha aus alter Väter Tagen. Dass die neuen Produkte eine andere Qualität und Spielbarkeit aufweisen als Schläger von vor 20 und mehr Jahren, darüber lässt sich nicht diskutieren.

Technik und Material

Doch neben der monetären Seite gibt es natürlich auch technische Aspekte, die wieder in den Vordergrund rücken. Es ist en vogue, sich mit dem technisch Machbaren auseinanderzusetzen. Welche Möglichkeiten bieten aktuelle Produktionsmethoden und Materialien? Was ist zu erreichen, wenn man den Entwicklern Carte blanche erteilt und ihnen keine oder nur sehr wenige Beschränkungen auferlegt? Einige sehr interessante Beispiele hat die jüngere Vergangenheit im Golfmarkt geliefert. PXG hat es vorgemacht – Titleist und Callaway kommen kurz danach mit Neuerungen auf den Markt, die von der Produkt- und Designseite her sehr interessant sind. Titleist lieferte mit der C16-Serie eine erste limitierte Produktfamilie, in der alles gemacht wurde, was das Unternehmen mit seinen Partnern und Entwicklern leisten kann: neuartige Materialien, spezielle Legierungen, hochwertige Schäfte als Standardausstattung – und das alles in einem Titleist-typischen noblen Design. Die Serie wurde wie eine Reihe von Concept Cars behandelt und dient als Basis für die zukünftigen Neuentwicklungen. Einige Elemente fanden sich dann auch kurz danach in der 917er-Serie wieder und auch die neuen Titleist-Eisen tragen Merkmale der C16-Serie. Zusätzlich zu diesen Produkten kommt auch eine neue Wedge-Familie unter dem Regime von James Patrick auf den Markt. Die James-Patrick-Wedges können im Rahmen eines persönlichen Fittings mit dem Entwickler erworben werden, was sich natürlich auf den Kaufpreis auswirkt.
Bei Callaway wurde – auch aufgrund des Erfolgs der Big-Bertha-Epic-Hölzer – diese Serie um Eisensätze und Hybrids erweitert. Die Konstruktion ist ähnlich aufwendig wie bei den Drivern. Tragender Rahmen, eingesetzte Schlagfläche, individuelle Wolframgewichte zur optimalen Gewichtsverteilung innerhalb des Schlägerkopfes, hochwertige Standardschäfte. All das produziert sich nicht in der chinesischen Graugussbude nebenan und sorgt so natürlich auch für höhere Verkaufspreise. Schon zu Beginn seiner Arbeit für Callaway Golf hat der derzeitige Chef aller Reußen – Chip Brewer – den Entwicklern mehr Spielraum für bessere Produkte gegeben. Die Callaway-Epic-Serie ist hier sicher der bisherige Höhepunkt.
Positive Entwicklung
Am Ende stehen die Fragen: Was bringt es für den jeweiligen Spieler? Ist teurer auch immer gleich besser? Wenn sich diese Fragen so leicht beantworten ließen, dann wäre unser Leben als Fitter deutlich einfacher. Wir können sagen, dass in den vergangenen Jahren sehr viel Positives im Materialbereich passiert ist. Die neuen Hochpreis-Produkte erschließen uns neue Möglichkeiten, für die wir sehr dankbar sind. Ob es für Sie als Golfer eine Option darstellt, finden Sie am besten selbst bei einem professionellen Fitting heraus. In unseren eigenen Bags sind sehr viele aktuelle Produkt, weil sie einfach besser funk­tionieren. Und wir haben nun wahrlich den Luxus, alles jederzeit auf den Prüfstand stellen zu können. 
Johannes Herbig, Jahrgang: 1961, Inhaber der Fitting-Schmiede Clubmate Golf mit Stützpunkten in Pfungstadt und im Jordan Golfdom, Köln

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