Vor zehn Jahren ereignete sich in Dubai ein besonderer Augenblick: Martin Kaymer traf zum ersten mal auf Tiger Woods – und hätte ihn fast besiegt. Ein früher Zwischenstopp eines Aufstiegs, der sich noch ein paar Jahre hinziehen sollte.
von Thomas Fischbacher
Martin Kaymer wirkte verständlicherweise etwas eingeschüchtert, als er neben einem der größten Sportler der Welt Platz nahm. Es waren Szenen aus der Siegerehrung der Dubai Desert Classic 2008. Kaymer, damals 23, hatte das Turnier mit einem Eagle beendet. Er griff das Par 5 aus 218 Metern mit dem Eisen drei an. Eagle oder Bogey – so seine Herangehensweise, denn Kaymer – Woods hin oder her – spielte nicht um eine Top-Platzierung. Er wollte das Turnier gewinnen.
Es sollte nicht ganz reichen. Einer war in diesem Jahr noch besser: Sitznachbar Woods. Es war der Moment, als die damals unangefochtene Nummer eins der Welt zum ersten Mal Notiz nahm von diesem Deutschen, der in den kommenden Jahren Geschichte schreiben sollte. Kaymer war auf dem Weg in Richtung Top 20 der Weltrangliste.
Nach der Runde schwärmte Kaymer, der seine zweite Saison auf der European Tour begann. Er genoss es, sich mit Größen wie Woods, Ernie Els oder Henrik Stenson zu messen oder auf die Runde zu gehen. Auch wenn er zugab, dass deren Präsenz ihn etwas nervös machte. Els wäre sehr entspannt gewesen, nette Gesprächen – ein idealer Spielpartner. Vor allem die Unaufgeregtheit, mit die Elite über die Plätze wanderte, beeindruckte Kaymer.
Früher Zwischenstopp eines unvergleichbaren Aufstiegs
Fast zehn Jahre ist dieser Moment nun her. Der zweite Rang von Dubai war der frühe Zwischenstopp eines Aufstiegs, der sich noch ein paar Jahre hinziehen sollte. Zwei Wochen zuvor hatte Kaymer in Abu Dhabi erstmals in der ersten Liga gewonnen und war nun spielberechtigt für die große Bühne. Er freute sich auf sein Debüt in Augusta, auf sein erstes WGC-Match Play in der Wüste Arizonas. Es war die Bühne der WGC- und Major-Turniere, auf der Kaymer in den kommenden Jahren zum Stammpersonal gehörte und überzeugende Darbietungen präsentierte.
Noch immer erscheint es unwirklich, was Kaymer in den folgenden Jahren gelang. Er füllte den Briefkopf mit fast allem, was der Golfsport bereithält für die ganz Großen. Viel mehr bedeutende Titel haben den vergangenen zehn Jahren wenige gewonnen.
Die anderen blicken auf
Trotz zuletzt drei Spielzeiten ohne Titel sind es nun die anderen Spieler, die zu Kaymer aufblicken. Die eventuell Nervosität verspüren, wenn der hoch dekorierte Ryder-Cup-Held in der Gruppe dabei ist. Und die vielleicht Unaufgeregtheit der ehemaligen Nummer eins bewundern.
Kaymer gehört mit nur 33 Jahren zu einem Spielerkreis, die selbst ohne weitere Titel im Verlauf der Laufbahn, mehr erreicht hätten, als 99,9 Prozent aller anderen Golfprofis jemals. Der schon jetzt eine Karriere hingelegt hat, die locker zur Berufung in die Hall of Fame ausreicht.
Man darf sich sicher sein, dass dieser Ausnahmespieler besagten Briefkopf um weitere wichtige Titel erweitern wird. Vielleicht auch wieder im Duell mit dem wiedererstarkten Woods. Eingeschüchtert wird Kaymer dann nicht mehr sein.
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