Wohin den Ball zurücklegen, wenn die ursprüngliche Lage verändert wurde? Unsere Regelexperten Dr. Ulrike und Holger Gartz erklären, was zu beachten ist.
Es war ein stürmischer Endsommertag, einer von denen, die man sich als Golfer nicht immer aussuchen kann. In Südfrankreich regnete es zwei Tage fast ununterbrochen. Zweiter Turniertag – First Cut. Der Cut lag nun schon bei +3. Und genau dieses Ergebnis hatte nun Don Jaly am 17. Abschlag.
Der Drive etwas verzogen – landete mitten im Gestrüpp. Der Druck wurde damit immer größer. Es gab schon drei Spielunterbrechungen an dem Tag, und mit den Zwangspausen war er nun schon über acht Stunden auf dem Golfplatz unterwegs. Don Jaly nahm den Strafschlag für einen Drop in Kauf. 115 Meter zur Fahne. Der Schlag musste sitzen. Aber es kam wie es kommen musste: Der Ball wurde von einer Windböe so heftig abgetrieben, dass er im Bunker landete. Nicht nur, dass die Bunker viel zu viel Sand enthielten, sondern auch die starken Regenfälle hatten dafür gesorgt, dass jeder Bunkertreffer ein Steckschuss war.
Auf dem Weg zum Grün setzten wieder sintflutartige Regenfälle ein. Ein Weiterspielen war nicht mehr möglich. Das Spiel wurde zum vierten Mal unterbrochen. Mittlerweile war es nun schon so dunkel, dass eine erneute Spielaufnahme an diesem Tag eher unwahrscheinlich war. Don Jaly markierte seinen Ball – der fast vollständig im Sand verschwunden war, mit einem Tee. Der Recall war am nächsten Morgen um fünf Uhr. Es war noch relativ dunkel. Die Regel ist, dass der Ball an die ursprüngliche Stelle zurückgelegt werden muss.
Regel 14.2d: Wohin der Ball zurückgelegt werden muss, wenn die ursprüngliche Lage verändert wurde: Wurde die Lage eines aufgenommenen oder bewegten Balls, der zurückgelegt werden muss, verändert, muss der Spieler den Ball wie folgt zurücklegen:
1.) Ball im Sand: Ruhte der Ball in Sand, gleich ob in einem Bunker oder anderswo auf dem Platz:
- Beim Zurücklegen des Balls an seine ursprüngliche Stelle (die, wenn nicht bekannt, geschätzt werden muss), siehe Regel 14.2c, muss der Spieler die ursprüngliche Lage soweit wie möglich wiederherstellen.
- Wenn der Ball mit Sand bedeckt war, ist es dem Spieler gestattet, einen kleinen Teil des Balls sichtbar zu lassen, wenn er die Lage des Balls wiederherstellt. Versäumt der Spieler, die ursprüngliche Lage wiederherzustellen, hat er vom falschen Ort gespielt.
Don Jaly kam nun am Grünbunker an und die Greenkeeper hatten den Bunker wieder vollends hergerichtet. Kein Tee – kein Loch im Sand. Was tun – die Lage schätzen und den Ball wieder eingraben? Wie in 14.2d verlangt? Nein! Hier greifen die Interpretationen der Regel 5.7d(I):
5.7d (1)/1: Ob ein Spieler eine während einer Spielunterbrechung verbesserte oder verschlechterte Lage in einem Bunker hinnehmen muss.
Beim Zurücklegen eines Balls bei Wiederaufnahme des Spiels findet Regel 14.2d (wonach der Ball zurückzulegen ist, wenn die ursprüngliche Lage verändert wurde) keine Anwendung und der Spieler ist nicht verpflichtet, die ursprüngliche Lage wiederherzustellen.
Beispiel: Der Ball eines Spielers liegt eingebettet in einem Bunker, als das Spiel unterbrochen wird. Während der Spielunterbrechung wird der Bunker durch die Greenkeeper wiederhergerichtet und die Oberfläche des Sands ist nun glatt. Der Spieler muss das Spiel wiederaufnehmen, indem er den Ball auf die geschätzte Stelle legt, von der der Ball aufgenommen wurde, auch wenn dies auf der Oberfläche des Sands und der Ball nicht eingebettet ist.
Wurde der Bunker jedoch nicht von den Greenkeepern wiederhergerichtet, stehen dem Spieler nicht unbedingt die Bedingungen zu, die den Schlag beeinflussen, die er vor der Spielunterbrechung hatte. Wurden die Bedingungen, die den Schlag beeinflussen, durch Naturkräfte (z. B. Wind oder Wasser) verschlechtert, darf der Spieler die verschlechterten Bedingungen nicht verbessern (Regel 8.1d).
So konnte nun Don Jaly seinen Ball oben auf den Sand legen. Ihm gelang der perfekte Bunkerschlag – er lochte ein. Ein überglücklicher Don Jaly schaffte also mit einem Par am 18. Loch den Cut.
Dr. Ulrike Gartz und Holger Gartz haben seit 1997 über 250 Turniere und Turnierserien im Profi- und Amateurbereich veranstaltet und organisiert. Als Spielleiter sind beide seit 2005 im Golfverband Niedersachsen-Bremen tätig. Dr. Ulrike Gartz hat zudem die Prüfung zum R&A Referee 2011 mit Erfolg bestanden.
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