Dietmar Erhardt, Wahl-Clubfitter von bspw. Bernd Ritthammer, und Günter Kessler, Coach von u. a. Martin Kaymer, über Überschneidungen bzw. klare Abgrenzungen beim Schwungtraining und Schlägerfitting.
Dietmar Erhardt (Classic Club Repair) und Günter Kessler sind wahre Meister ihres Fachs. Wie sich ihre Arbeiten dabei gegenseitig befruchten, haben wir in einem Fachgespräch geklärt.
Wie sehr achtet man als Trainer auf das Material der Schülerin oder des Schülers?
Günter Kessler: Ich wäre dumm, wenn ich mir das Material nicht ansehen würde. Wenn das nicht stimmt, muss ich meine Ansprüche als Trainer zurückschrauben. Andersherum: Wenn das Material auf den Spieler ausgerichtet ist, tut sich der Golfer leichter, das zu tun, was für ihn richtig ist.
Wie wirkt sich das Material auf die Leistungsfähigkeit des Spielers aus?
Dietmar Erhardt: Jeder Golfer hat durch die Biomechanik bestimmte Voraussetzungen, an die wir das Material lediglich anpassen können. Die biomechanischen Gegebenheiten können wir nicht verändern. Im Idealfall bieten wir dem Trainer mit angepassten Schlägern eine Basis, vernünftig mit dem Schüler arbeiten zu können.
Ab wann macht ein Fitting überhaupt Sinn?
Kessler: Das muss man differenziert betrachten. Bei einem ambitionierten Spieler, der sich schnell verbessern möchte und gute Ansätze zeigt, würde ich ein Fitting schon nach wenigen Stunden Training empfehlen. So kann man die Marschrichtung festlegen und legt mit falschem Material keine Hindernisse in den Weg.
Wie sieht ein Fitting für Anfänger aus und worauf gilt es dabei zu achten?
Erhardt: Im ersten Schritt werden die körperlichen Voraussetzungen wie Körpergröße und Armlänge festgestellt. Gerade die Länge der Schläger beeinflusst maßgeblich, wie gut ein Spieler den Schläger bewegen kann.
Bei einem kompletten Anfänger achten wir zudem darauf, dass die Schläger nicht schon nach einem halben Jahr nicht mehr passen.
Gerade wenn absehbar ist, dass sich in naher Zukunft viel am Schwung ändern wird, empfehlen wir Schläger, die auch nachträglich noch angepasst werden können. Bei geschmiedeten Schlägern z. B. können wir problemlos Loft und Lie nachjustieren.
Wie oft macht es Sinn, sich fitten zu lassen?
Kessler: Jeder, der ambitioniert Golf spielt, sollte einmal im Jahr – am besten zu Beginn der Saison – ein Fitting durchführen lassen. Dann ist die Zeit der Mattenabschläge vorbei und gerade geschmiedete Schläger können sich dabei leicht verziehen und sollten kontrolliert werden. Danach steht einer erfolgreichen Spielsaison nichts mehr im Weg.
Wie sieht es mit dem Verschleiß bei Schläger und Schaft aus?
Erhardt: Über viele Jahre wurde davon gesprochen, dass sich Schäfte „ausschlagen“. Natürlich altert auch der Schaft mit der Zeit. Aber nicht in dem Maße, dass innerhalb von einem Jahr aus einem „Stiff“ ein „Regular“ wird. Aber ein jährlicher Check-up des Materials ist durchaus zu empfehlen.
Etwas anders sieht es bei Griffen aus. Mit diesen verhält es sich wie mit Autoreifen: Je glatter der Griff, desto höher der Griffdruck und desto geringer die Wahrscheinlichkeit auf einen entspannten, freien Schwung. Natürlich hängt es wieder davon ab, wie oft man spielt und welches Material der Griff hat.
Kessler: … und, ob die Griffe gepflegt werden. Man muss ja nicht warten, bis die Griffe durch sind, bevor man sich um neue kümmert. Alle ein bis zwei Monate mit Bürste und Seife über die Griffe und man hat sofort ein neues Greifgefühl.
Aber sobald sie so glatt sind, dass sich der Griffdruck erhöht, sollte man über einen Wechsel nachdenken.
Kommt es auch mal vor, dass Sie sich in das Themenfeld des jeweils anderen „einmischen“?
Erhardt: Nein, das haben wir schon immer strikt getrennt. Wir Fitter kennen uns mit den Materialien aus. Seien es die Schäfte mit ihren Kickpunkten und Gewichtsklassen oder die Vor- und Nachteile von gewissen Schlägerköpfen gegenüber anderen.
Aber die Schwungtechnik ist etwas völlig anderes. Diese Kompetenz wollen wir uns gar nicht zusprechen. Dafür sind die Trainer da. Wir geben den Spielern nur das beste Material an die Hand, um optimal am eigenen Schwung arbeiten zu können.
Kessler: Ich habe es da etwas leichter, weil ich mehr über Schäfte zu wissen glaube als Dietmar wahrscheinlich über die Schwungtechnik weiß. Aber ich würde mir nicht erlauben, ein Urteil über das Material zu fällen.
Wenn ich glaube, dass der Schläger nicht ideal passt, würde ich mit meinem Schüler zum Testen zu Dietmar gehen und meine Vermutung von ihm überprüfen lassen.
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