Wie kann der Schwung besser werden? Ganz von allein wird es nichts, und wenn wir alles so machen wie bisher, werden wir auch dasselbe Ergebnis erhalten. Logisch, oder?
Wenn ich mir die Schüler-Trainer-Situation betrachte, sehe ich immer wieder das gleiche Muster: Gerade am Anfang der Saison sind natürlich alle hoch motiviert und viele Schüler nehmen bei ihrem Pro eine Stunde oder gleich mehrere. Es gibt gute neue Ansätze, doch meistens fallen wir nach einer gewissen Zeit der Umstellung wieder in den alten Trott zurück.
Die Erkenntnis: Meistens wollte der Pro den kompletten Schwung ändern, das ist aber ab einem gewissen Alter nicht mehr so leicht oder fast unmöglich, also schaffe ich es nicht und bin enttäuscht. Der Lehrer hat alles richtig gemacht und ist sich auch keiner Schuld bewusst. Wer kennt es nicht, nach einer Pro-Stunde völlig verunsichert und durcheinander zu sein.
Fortsetzungsroman Training
Wir Lehrer müssen endlich verstehen – und ich bin mir sicher, dass die meisten meiner Kollegen das auch so sehen –, dass wir ein altes Bewegungsmuster nicht ändern können. Wir können nur ein neues aufbauen. Stellen Sie sich unser Gehirn vor wie ein Bücherregal, dann ist unser Schwung wie ein Buch – ein sehr abgegriffenes, weil wir es ja sehr häufig nutzen. In einer Golfstunde können wir dieses Buch nicht mehr umschreiben, wir können es nur ergänzen.
Ein guter Lehrer wird jetzt versuchen, an unserem alten Buch anzusetzen und möglichst eine Ergänzung oder Fortsetzung zu schreiben. Auf keinen Fall wird er versuchen, aus dem alten Buch Seiten herauszureißen oder neue einzusetzen. Ich glaube, das ist eines der Geheimnisse einer erfolgreichen Coach-Sportlerbeziehung: Der Trainer sollte genau wissen, was sein Gegenüber schon alles kann und wo das neue Kapitel ansetzen muss, damit es mit dem bisherigen Roman harmoniert, ihn ergänzt und dadurch verbessert. So wird es zum erfolgreichen Fortsetzungsroman.
Neues Buch noch druckfrisch
Das ist übrigens auch die Erklärung, dass nach einer Trainingsstunde nicht gleich alles so gut funktioniert. Denn Ihr neues Buch ist noch druckfrisch und Sie müssen sich erst einmal damit beschäftigen, bis es zum gleichen abgegriffenen Exemplar wird wie das alte.
Das heißt: Üben, üben, üben, bis der neue Schwung das alte Muster im optimalen Fall überlagert, aber zumindest an das alte Muster anknüpft, damit wir uns wieder ein Stück verbessern können.
Jetzt kommt noch ein Haken: Leider verschwindet das alte Buch nicht mehr, es steht weiter im Regal, und in Stress-Situationen ist die Gefahr sehr groß, dass wir immer wieder in das alte Bewegungsmuster fallen. Doch das geht auch den Tour-Spielern so, das nur zum Trost! Besonders, wenn es eng wird auf den letzten Löchern.
Schreiben sie weiter!
Zum Beispiel nach einer längeren Pause ist ein sehr guter Zeitpunkt für einen Neustart. Das alte Buch stand nun schon lange im Regal, ohne dass es jemand angesehen hätte, und unter professioneller Aufsicht können Sie Ihr eigenes Kapitel oder gar ein neues Buch anfangen.
Wichtig für den Erfolg ist noch, dass der zweite Band nicht eine völlig andere Handlung hat. Genau darauf achte ich auch bei Tour-Spielern im Training. Ich hoffe, Sie können von meinem Blick in die Bibliothek etwas umsetzen und wünsche Ihnen beim Blättern auf der Driving-Range viel Spaß.
Peter Karz, Jahrgang ’68, Fully Qualified PGA Professional mit Stützpunkt im Golfpark München-Aschheim. Seit 1996 Trainer von Alex Cejka.
Info: www.peter-karz.de
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