23.01.2018

Konstantes Golf – wie geht das?

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Wer im Winter an seinem Golfspiel arbeitet und sich mit seinen Zielen für die nächste Saison auseinandersetzt, der hegt sehr wahrscheinlich den Wunsch nach mehr Konstanz.


Von Freddy und Patrick Braun

Jeder Golfer möchte konstanter werden, doch nur wenige hinterfragen den Begriff und überlegen sich, was Konstanz eigentlich bedeutet. Konstanz beim Golf bedeutet nicht, immer dasselbe zu tun. Wäre das der Fall, so wären die Jungs, die an Long Drive Wettbewerben teilnehmen, allesamt erfolgreiche Tour Profis.Auf der Tour geht es allerdings nicht nur darum, den Ball weit schlagen zu können. Es geht um Gefühl im kurzen Spiel, Nervenstärke bei wichtigen Putts, Ausdauer und eine Technik, der man vertrauen kann. So wie lange Schläge allein keine Garantie für gute Runden sind, so sind mehrere Ballkörbe mit dem Eisen 7 auf ein und dasselbe Ziel keine Garantie für ein besseres Handicap in der nächsten Saison. Doch genau so trainieren die meisten Amateure: Mehrere Bälle, ein Schläger, ein Ziel. Die meisten Amateure haben ein falsches Verständnis von Konstanz.

Wir schätzen unser Spiel auf der Driving Range als konstant ein, wenn mehrere Bälle nacheinander ähnlich auf ein Ziel fliegen. Tief im Unterbewusstsein soll sich die „richtige“ Technik dadurch festsetzen und bei der nächsten Runde auf Knopfdruck abrufbar sein.

Entscheidender Faktor: Variabilität

Wer die Aktivitäten auf der Driving Range mit derer auf dem Golfplatz aus der Vogelperspektive betrachtet, könnte meinen, es handle sich um zwei komplett unterschiedliche Sportarten. Nur die wenigsten trainieren so, wie Golf auf dem Platz tatsächlich gespielt wird und bauen damit den alles entscheidenden Faktor in ihr Training ein: Variabilität.

Wer aktiv Turniergolf spielt weiß, dass der Umgang und das Meistern von Variabilität und Schwankungen im Herzen der Konstanz liegen.

Schwankungen in das eigene Training einzubauen, ist daher unheimlich wichtig. Bei Regen oder Wind ein paar Löcher zu spielen, ist eine der gängigsten und einfachsten Methoden, doch letztendlich hilft alles, was uns aus unserer Komfortzone herausbringt. Spielen Sie die ungeraden Löcher doch einfach einmal ohne Handschuh, die geraden Löcher dafür mit einem Handschuh an jeder Hand.

Geben Sie sich auf den ungeraden Löchern nur zehn Sekunden zur Schlagvorbereitung, auf den geraden Löchern dafür mindestens 40. Kurbeln Sie den Puls etwas an, um Turnier ähnlichen Druck zu simulieren, in dem Sie vor einigen Schlägen ein paar Hampelmänner machen. Gutes Golftraining muss nicht immer konventionell sein. Im Gegenteil: Oft ist es das unkonventionelle Training, das uns zu mehr Konstanz führt.

Vorbereitung und Reaktion konstant halten

Zudem bezieht sich Konstanz auf mehr, als nur den Score. Noch nie hat es jemand in der Geschichte des Golfsports geschafft, das Endergebnis eines Schlages jedes Mal korrekt vorherzusagen. Zu viele Faktoren, die außerhalb unserer Kontrolle liegen, stehen uns dazu im Weg.

Bälle verspringen ab und zu, Putts lippen aufgrund einer Unebenheit im Grün aus und manchmal schätzen wir den Wind einfach falsch ein. Was wir jedoch jedes Mal kontrollieren können, ist unsere Schlagvorbereitung und unsere Reaktion auf den Schlag. Hierbei sollten wir konstant sein.

Wir erwarten von Spitzensportlern wie McIlroy, Day oder Stenson, dass diese eine Routine vor dem Schlag, beziehungsweise vor der Runde haben. Schließlich haben Spitzensportler auch deutlich mehr Zeit zur Verfügung, als wir. Das ist zwar richtig, ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass auch Amateure sehr von einem immer gleichbleibenden Ablauf vor dem Schlag profitieren können.

Daniel McGinn, Autor des Buches Psyched Up, beschreibt, dass eine immer gleichbleibende Routine in direktem Zusammenhang mit einer besseren Leistung der Probanden in mehreren Studien stand. Zwar spekulieren Wissenschaftler immer noch, warum dies der Fall ist, doch es gibt 2 gängige und plausible Theorien:

  1. Das Unterbewusstsein erinnert sich durch die Routine deutlich besser an vergangene Trainingseinheiten, was dem Körper das Abrufen des eigenen Leistungspotentials erleichtert.
  2. Die Routine lenkt uns ab und zwar genau zu der Zeit, zu der wir im Regelfall leicht nervös werden. Wer ohne konstante Routine in eine Drucksituation gerät, möchte vermutlich auf Nummer sicher gehen, schaut sich den wichtigen Putt von allen Seiten an und steht letztendlich verunsichert über dem Ball.

Eine Routine muss nicht komplex sein. Ob Sie einen oder vier Probeschwünge machen, kurz oder lang über dem Ball stehen, spielt keine Rolle. Wichtig ist nur, dass Sie sich einen Ablauf aneignen, der immer gleich bleibt. Wer nicht nur eine konstante Schlagvorbereitung, sondern auch eine konstante Reaktion auf den Schlag hat, der kommt um den Erfolg langfristig nicht herum.

Apropos Reaktion auf den Schlag:

Die Wissenschaft ist sich heute darüber einig, dass Ereignisse, die mit Emotionen verbunden sind detaillierter und langfristiger im Gehirn gespeichert werden. Glauben Sie nicht? Wo waren Sie am 11. September 2001? Wo waren Sie am 22. Oktober 2002?

95 Prozent von uns können sich daran erinnern, wo Sie den 11. September verbracht haben, haben jedoch keinen Schimmer, wo Sie am 22. Oktober waren. Warum? Weil im Gegensatz zum 11. September kaum jemand den 22. Oktober mit einer Emotion verbindet.

Daher werden wir einen Schlag ins Wasser, bei dem das Eisen gleich hinterher flog, deutlich länger in Erinnerung behalten, als einen Schlag ins Wasser, den wir unkommentiert wahrgenommen haben. Doch nicht nur deshalb sollten wir auf das Fluchen verzichten. Wer flucht, ärgert sich über etwas, das bereits vergangen und damit nicht mehr veränderbar ist. Zudem versperren wir uns dadurch die Chance, von unseren Fehlern zu lernen.

Es ist kein Zufall, dass das englische Wort für gewinnen (win) für what’s important now (was ist im Moment wichtig) stehen kann. Gewinner konzentrieren sich auf das, was im jeweiligen Moment wichtig ist. Was im jeweiligen Moment wichtig ist? Es klingt klischeehaft, doch in 99 Prozent der Fälle ist es der nächste Schlag.

Das ist wichtig:

  • Konstanz bedeutet, dass wir den Umgang mit Variabilität und Schwankungen meistern
  • Trainieren Sie so, wie Golf auf dem Platz gespielt wird und bauen Sie Variabilität und Schwankungen in Ihr Training ein
  • Konstanz im Score zu finden, ist fast unmöglich. Konzentrieren Sie sich auf die Dinge, die Sie kontrollieren können und finden Sie Konstanz in Ihrer Schlagvorbereitung und Ihrer Reaktion auf den Schlag

Freddy und Patrick Braun sind Brüder, Plus- und Singlehandicapper (+1,4 & 3,6), Bundesliga-Spieler und die Köpfe hinter der Golftrainings-Website
BelowPar.de.

Freddy spielte vier Jahre lang College Golf in den USA, wo er mit der Wilmington University bei den nationalen Meisterschaften 2016 unter die Top 8 Teams des Landes kam. Während seiner Zeit in den USA lernte er unter anderem von PGA-Tour-Trainern und gewann mehrere Turniere mit dem Team.

 
Freddy und Patrick Braun von BelowPar

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