Abe Mitchell – der easy Ryder. Obwohl der Engländer nie ein Major gewann, ziert er die wohl begehrteste Trophäe des Golfsports: Er ist der Mann auf dem Ryder Cup.
Henry Abraham Mitchell, kurz Abe Mitchell, galt Anfang des 20. Jahrhunderts als einer der erfolgreichsten Amateure seiner Zeit. Es sollte jedoch bis nach Ende des Ersten Weltkrieges dauern, bis der smarte Engländer seine volle Blüte entfaltete.
Die Medien nannten ihn „den besten Golfer, der nie die Open gewonnen hat“, zwischen 1919 und 1925 gewann Mitchell immerhin jedes Jahr mindestens ein Turnier.
Glückliche Umstände brachten ihn mit einem Geschäftsmann namens Samuel Ryder zusammen, als dessen Privat-Trainer er arbeitete. Es folgte eine Freundschaft, die Mitchell buchst blich auf den Thron des Golfsports heben sollte: als den Mann auf dem Deckel der Ryder-Cup-Trophäe.
Schwerer Start
Henry Abraham Mitchell wurde am 18. Januar 1887 von seiner alleinstehenden Mutter Mary in Forest Row, Sussex, auf die Welt gebracht. Im England des 19. Jahrhunderts galt dieser Umstand – eine unverheiratete Mutter – als moralischer Skandal.
Er führte dazu, dass der junge Abraham an die Familie seiner Großeltern George und Sophia weitergegeben wurde. Zum großen Glück des jungen Abe wurde zu der Zeit gerade der Tunbridge Wells & Ash down Forest GC direkt um das Grundstück der „neuen“ Familie gebaut.
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Es dauerte nicht lange, bis Klein Abe den ersten Golfschläger in Händen hielt und sein besonderes Talent entwickelte. Er verbrachte praktisch seine gesamte Jugend auf dem Ashdown Forest GC und mauserte sich zu einem der besten Nachwuchsspieler des Landes.
Der Aufstieg des Abe Mitchell
Früheste Aufzeichnungen über die Erfolge Mitchells finden sich in den Archiven der Golfclubs um Sussex. Den ersten großen Coup landete er 1910, als er den Ausschlag beim Sieg des englischen Amateur-Teams über Schottland gab – den ersten nach über sechs Jahren.
Golf Illustrated schrieb über den Shootingstar: „Er ist ein ausgezeichneter Spieler und besitzt die Fähigkeit, sein Handgelenk so zu beschleunigen, wie man es sonst nur von Profis her kennt. Es besteht kein Zweifel, dass Mitchell einer großartigen, wenn nicht außergewöhnlichen Zukunft entgegenblickt.“
Der große Durchbruch folgte: 1910 und 1913 gewann Mitchell die „Golf Illustrated Gold Vase“, 1912 wurde er Zweiter bei der Amateur Championship. Dazwischen unzählige Top-5-Platzierungen. Mit 26 nahm Abe eine Stelle als Pro in Sonning an.
Dann brach der Erste Weltkrieg aus und Mitchell musste einrücken (nach Frankreich). Seine Rückkehr, 1919, feierte er mit einem Sieg bei der PGA Match Play. Im selben Jahr lag er bei den Victory Open in St. Andrews, nach Ende des regulären Turnierverlaufs, gleichauf mit George Duncan.
Da beide Spieler wegen vertraglicher Verpflichtungen keine Zeit für ein Stechen hatten, ging die „Golden Medal“ an Mitchell, denn er hatte die niedrigere Schlussrunde gespielt.
Da das Turnier jedoch nicht beendet wurde, wurde das Ergebnis aus den Open-Archiven gelöscht. So gesehen war dies Mitchells Major-Sieg, auch wenn er offiziell nie anerkannt wurde.
Geburtsstunde Ryder Cup
1920 nahm Abe ein Angebot als Pro im North Foreland GC an, wo er den Geschäftsmann Samuel Ryder kennenlernte. Weil es Mitchell zu dieser Zeit häufig zu Turnieren in die USA zog, bekam er Ärger mit seinen Arbeitgebern. Sein Vertrag wurde daraufhin 1925 nicht verlängert und Mitchell gab bekannt, dass er in die USA auswandern wolle.
Ryder, zu dem Mitchell inzwischen eine enge Freundschaft pflegte, beschwor ihn zu bleiben, und stattdessen sein Privat-Pro in St. Albans zu werden. Er bot Mitchell das für damals unglaubliche Jahresgehalt von 500 Pfund plus Spesen, das Mitchell schließlich annahm.
Reger Austausch
Durch die inzwischen gut ausgebauten Schiffsverbindungen zwischen Europa und Amerika gab es einen regen Austausch von Golfern beider Kontinente, was zu einem ersten Vergleichskampf 1921 in Gleneagles führte. Ryder, einer der wenigen Zuschauer, begeisterte die Idee.
Als zu den Open 1926 amerikanische Pros anreisten, nutzte er die Chance: Er lud zu einem erneuten Match nahe Wentworth ein, das die Briten mit 13,5 zu 1,5 klar gewannen.
Im Anschluss setzten sich Ryder, Walter Hagen, Mitchell, Duncan und Jim Barnes bei einer Tasse Tee zusammen und besprachen das Konzept eines regelmäßig ausgetragenen Matches. Der Ryder Cup war geboren.
Die erste offizielle Austragung wurde für 1927 im Worcester CC, Massachusetts, geplant und Ryder willigte ein, eine geeignete Trophäe zu stellen. Er fungierte zudem als Finanzier des Teams. Als die Frage nach einem Captain aufkam, schlug er seinen Freund Abe Mitchell vor, der die Aufgabe mit Freuden übernahm. Am Abend vor der Abreise in die USA präsentierte Ryder seine Trophäe.
Sie war rund 40 Zentimeter hoch und aus purem Gold. Den Deckel zierte ein Golfer im Setup: Abe Mitchell. Der war trotz einer Blinddarmerkrankung erschienen und zutiefst gerührt. Die Erkrankung verhinderte schließlich Mitchells Trip in die Staaten und das Team unterlag mit 9,5 zu 2,5.
Verdienter Ruhestand
Mitchell spielte noch drei weitere Ryder Cup Matches, zuletzt 1933. Das Event bedeutete gleichzeitig seinen Rückzug vom Turniergolf. Er veröffentlichte nach „Essentials of Golf“ (1927) noch ein weiteres Buch („Down to Scratch“, 1933).
Abe Mitchell starb 1947 im Alter von 60 Jahren. Auch wenn er offiziell nie ein Major gewann, wird er auf ewig im Gedächtnis der Golfwelt bleiben und bis heute alle zwei Jahre von den besten Spielern der Welt in den Himmel gehoben: Er ist der Mann auf der Ryder Cup Trophäe.
Kurz-Vita: Abe Mitchell
- Geboren 18.1.1887 in Forest Row, England
- Gestorben 1947
- Major-Siege: 1 (nicht offiziell anerkannt)
- Weitere Turniersiege: mindestens 6
- Spieler beim Ryder Cup 1929, 1931, 1933
- Buchautor „Down to Scratch“ und „Essentials of Golf“
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