Arnold Palmer. Ein einfacher Bursche aus Latrobe in Pennsylvania wurde der erste Superstar im Profigolf, verfügte über eine eigene Armee und knackte als erster Profigolfer die 1-Million-Dollar-Marke an Preisgeldern.
Nur am Montagmorgen war es den Caddies des Latrobe Country Club erlaubt, auf dem Golfplatz zu spielen. Die Jungs stellten sich vor, sie seien Golflegenden wie Sam Snead, Bobby Jones oder Byron Nelson. Nur der Sohn von Milfred „Deacon“ Palmer, dem Golflehrer und Head-Greenkeeper, stellte sich jedes Mal mit den Worten vor: „Ich bin Arnold Palmer.“
„Der größte Taugenichts, den ich jemals eingestellt habe, ist mein Sohn“, beschwerte sich Deacon Palmer immer wieder über die lausige Arbeitsmoral seines Sprösslings, der im Pro Shop oder bei der Platzpflege aushelfen sollte – wenn er nicht als Caddie eingeteilt war.
Durch seinen Job befand sich Arnold auf der Hierarchie-Leiter des Golfclubs deutlich über den anderen Taschenträgern, was ihm erlaubte, den Golfplatz jederzeit zu nutzen. Da er dies aber nur während seiner eher karg bemessenen Freizeit durfte, erledigte er die anliegenden Arbeiten im Schnelldurchlauf und ohne übermäßige Sorgfalt.
Strenger Vater
Arnolds Vater ärgerte diese Einstellung. Er hatte sich trotz einer Gehbehinderung seine Anstellung als Golflehrer erkämpft und Arnold wurde schon als Kleinkind dazu angehalten, mit anzupacken.
Vater Deacon erzog vor allem seinen Erstgeborenen – Arnold hatte noch drei Geschwister – mit harter Hand. In einer Palmer-Biografie wird er zu der Zeit als „funktionstüchtiger Alkoholiker“ bezeichnet, der „mit dem Temperament eines ausbrechenden Vulkans“ gesegnet war.
Bei einem bedeutenden Turnier der damaligen Highschool-Liga warf Arnold frustriert über einen verschobenen Ball seinen Putter weg, gewann aber am Ende trotzdem seinen ersten wichtigen Amateur-Titel. Auf dem Heimweg bekam er von seinem Vater jedoch keine lobenden Worte zu hören, sondern wurde von ihm harsch angefahren.
Sollte er jemals wieder in seiner Anwesenheit einen Golfschläger werfen, würde er nie wieder Golf spielen.
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Arnold Palmer, der „Muskelmann“
1974 schrieb sich Arnold Palmer für das Wake Forest College ein. Dort lernte er Buddy Worsham kennen, den jüngeren Bruder von Lew Worsham, Sieger der U.S. Open 1947. Buddy sorgte dafür, dass der Neuling mit den baumdicken Unterarmen und den bratpfannenartigen Händen ins Uni-Team aufgenommen wurde.
Schnell war Palmer der Starspieler des Teams und wurde in der Lokalpresse als der „Wake Forest College Muskelmann“ tituliert.
Aufgrund der harten Arbeit als Greenkeeper (damals musste man die Rasenmäher noch selbst schieben) und einem Ferienjob als Bauarbeiter sah Arnold eher aus wie ein American-Football-Spieler und drosch den Ball auf abnorme Weiten.
Buddy und Arnold wurden unzertrennlich – außer von seinem Vater nahm Arnold nur von ihm Schwungtipps an und der Freund durfte sogar mit Arnolds Schwester ausgehen. An einem Abend begleitete Arnold seinen Kumpel entgegen seiner Gewohnheit nicht zu einer Tanzveranstaltung. Auf dem Rückweg verunglückte Buddy tödlich bei einem Autounfall.
Als Arnold in der gewohnten College-Umgebung mit dem Verlust nicht zurechtkam, schmiss er das College und meldete sich freiwillig für den dreijährigen Armeedienst.
Weichen werden gestellt
Als Palmers Dienstzeit 1954 beendet war, hatte er den Entschluss gefasst, mehr aus seinem Leben machen zu wollen, als ein einfacher Golflehrer zu werden. Deshalb setzte er alles daran, die U.S. Amateur Championship zu gewinnen, auch um sich selbst davon zu überzeugen, dass er das Zeug zum Tour-Spieler hatte.
Im August 1954 stand Palmer im 36-Loch-Matchplay Finale des Turniers gegen Robert Sweeny, ein Investment-Banker und vielfach ausgezeichneter Weltkriegs-Veteran, dessen Heldentaten den Autor lan Fleming angeblich zur Erfindung des „James Bond“-Charakters inspiriert haben sollen.
Sweeny war Teil der ultrareichen Oberschicht Floridas und hatte 1937 die British Amateur gewonnen. Sweenys Auftreten war betont aristokratisch. Er war gekleidet, als würde er an einem Polo-Match teilnehmen, während Palmer seine Arbeiterklasse-Herkunft unübersehbar ins Gesicht geschrieben stand.
Schon nach vier Löchern lag Arnold deutlich im Rückstand und wirkte völlig überfordert. Dann machte Sweeny den entscheidenden Fehler, als er seinem Gegner herablassend auf die Schulter klopfte und ihm zuraunte: ,,Na, das wird ja dann wohl nicht den ganzen Tag dauern, mein Bester.“
An Loch 10 hatte Palmer Sweeny erstmals eingeholt. Nach zähem Ringen ging er dann an Loch 31 erstmals in Führung, fünf Bahnen später war Palmer der König des U.S.-Amateurgolf. Vater Palmer sprach seinem Sohn nach dem Sieg zum ersten Mal seine Anerkennung aus: ,,Gut gemacht, Junge!“ sagte er.
Tour-Zirkus
Im April 1958 blickte Arnold Palmer bereits auf acht Siege als Tour-Spieler zurück und reiste als Geheimfavorit erstmals zum Masters. Nach einer Proberunde mit Ben Hogan äußerte sich der Filigrantechniker jedoch despektierlich über Palmers „Wild West“-Golfspiel und fragte öffentlich, „wie zur Hölle dieser Junge eine Einladung erhalten hat“.
Palmer drosch verärgert auf seine Bälle ein und verzückte mit seinen spektakulären Schlägen die 30.000 Zuschauer auf dem Gelände. Darunter befanden sich viele Soldaten der U.S. Army, die den ehemaligen Armee-Kameraden frenetisch anfeuerten. Sie waren die Urzelle von ,,Arnie‘s Army“, wie die beinharten Fans von Arnold Palmer später genannt werden sollten.
Am Sonntagabend gewann der Publikumsliebling vor den Augen von Bobby Jones sein erstes Green Jacket. Der Gründer des Augusta National lobte Palmers Golfschwung als „den besten, den er seit Gene Sarazen 1935“ gesehen hätte.
Cherry Hills
1960 gewann Palmer sein zweites Masters. Mit 20 Siegen gehörte er zu den Top-Spielern der PGA Tour. Bei der U.S. Open 1960 in Cherry Hills, Colorado, jedoch schien es so, als würde er an seine Grenzen stoßen. Dreimal hatte er versucht, das Grün der ersten Spielbahn direkt vom Abschlag zu erreichen, jedes Mal scheiterte er an der Distanz von 315 Metern.
,,Das macht mich wahnsinnig“, ärgerte er sich. Mit sieben Schlägen Rückstand auf den Führenden Mike Souchak, auf Position elf rangierend, stand Palmer am Sonntagnachmittag erneut am Abschlag und riskierte alles. Sein Ball segelte mit einem leichten Draw aufs Vorgrün und kam auf dem Grün, etwa sie ben Meter vom Loch entfernt, zur Ruhe.
Da Arnold nicht mehr zu den Favoriten zählte, waren die meisten Zuschauer mit der Spielgruppe von Ben Hogan und dem blutjungen Amateur Jack Nicklaus mitgegangen, der nach drei Tagen einen sensationellen fünften Platz belegte.
Doch „Arnie‘s Army“ feierte das folgende Birdie in gebührender Lautstärke und Palmer begann, das Feld aufzurollen.
Nach sieben Bahnen hatte er schon sechs Birdies auf dem Zettel stehen. Währenddessen ging der zweifache U.S.-Amateur-Champion Jack Nicklaus nach neun Löchern erstmals in Führung, dicht gefolgt von Ben Hogan.
Das erste Duell Nicklaus vs. Palmer
Bis dahin war weder Nicklaus noch Palmer klar, dass sie ihr erstes Duell austrugen. Beide glaubten, Hogan wäre der gefährlichste Gegner. Nicklaus fiel schnell wieder hinter Hogan zurück, als ihn sein Putter im Stich ließ.
Auf der 17. Spielbahn sah der Altmeister wie der sichere Sieger aus, wäre da nicht Arnold Palmer gewesen, der die Runde seines Lebens spielte. Um einem Play-off am Sonntag aus dem Weg zu gehen (Hogan litt seit einem Autounfall an chronischen Schmerzen in den Beinen), riskierte Hogan zu viel und traf sowohl auf der 17 als auch auf der 18 das Wasser.
Auch Jack Nicklaus ließ sich von Hogans Blackout beeindrucken und produzierte viele unnötige Fehler. Am Ende feierte Palmer mit einer unglaublichen 65 eines der spektakulärsten Comebacks der Golfgeschichte und gewann mit zwei Schlägen Vorsprung vor Nicklaus.
Dieser konnte kaum glauben, wie leichtfertig er den U.S.-Open-Titel verschenkt hatte, mit drei Bogeys auf den letzten sechs Löchern und sowohl auf der 16 als auch der 18 verschobenen Putts aus kürzester Entfernung.
Am Abend der Siegesfeier nahm Arnold Palmers engster Freund und späterer Trauzeuge Robin Obetz den U.S.-Open-Champion zur Seite und erklärte ihm: ,,Hör auf mich, Arnold, Jack Nicklaus wird eines Tages der beste Golfer aller Zeiten werden …“
Arnold Palmer, Golflegende
Auf seinem Weg zur Golflegende sollte Arnold Palmer 1967 der erste Profigolfer werden, der die 1-Million-Dollar-Marke an Preisgeldern knackte. Als er auf die damalige PGA Senior Tour wechselte, gewann er dort zwischen 1980 und 1988 noch zehn Turniere, darunter fünf Senioren-Majors.
2004 trat Arnold Palmer nach 50 Teilnahmen in Folge zum letzten Mal beim Masters an, 2006 zog er sich endgültig vom Tour-Zirkus zurück. 2016 sollte er letztmalig als Honorary Starter das Masters mit Jack Nicklaus und Gary Player eröffnen, bevor er im September dieses Jahres schließlich im Alter von 87 Jahren verstarb.
So wie Elvis der King of Rock n` Roll, war Arnold Palmer der King of Golf.
Kurzbio/Karriere-Highlights Arnold Daniel Palmer
- Geboren: 10.9.1929 in Latrobe, PA
- Gestorben: 25.9.2016 in Pittsburgh, PA
- Siege: 95, darunter 7 Majors
- Masters: 1958, 1960, 1962, 1964
- Open Championship: 1961, 1962
- U.S. Open: 1960
- U.S. Amateur: 1954
- World Golf Hall of Fame: 1974
- Weitere Auszeichnungen: Hickok Belt `60, Sporstman of the Year `60, Bob Jones Award `71, Payne Stewart Award 2000, Freiheitsmedaille der USA 2004
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