15.10.2021 | 10:24

„Auch hier kann man gutes Geld verdienen…“

Karolin Lampert
Thomas Fischbacher
Thomas Fischbacher

Karolin Lampert erklärt, wie sie über ihren Schwung denkt, wie sie ihr Putting wieder in den Griff bekommen hat und weshalb sie sich ein Leben in den USA aktuell nicht vorstellen kann.


Frau Lampert, im Sommer haben Sie erneut bewiesen, dass Sie auch in einem mit LPGA-Spielerinnen gespickten Feld vorne dabei sein können. Wie viel Selbstvertrauen zieht man daraus?
„Das Ball-Striking war über Wochen sehr gut und zum Glück kamen dann auch die Ergebnisse. Es gibt Rückenwind, wenn man bei den großen Events vorne mitspielen kann. Bei der Scottish Open hätte es sogar noch unter die besten Zehn gehen können. Unter dem Strich waren es wirklich starke Wochen, die mir viel Selbstvertrauen gegeben haben. Ich hatte zuvor viel Arbeit ins Putten gesteckt, das hat sich ausgezahlt.“

An was haben Sie beim Putting gearbeitet?
„Ich hatte in Finnland zwei richtig miese Tage auf den Grüns. Ich analysiere meine Runden seit einiger Zeit sehr genau und der Wert auf den Grüns war bitter. In den Runden habe ich vier, beziehungsweise sogar sechs Schläge auf das Feld verloren und den Cut verpasst. Mit einem Wert von Null – also mit einer durchschnittlichen Putt-Leistung im Vergleich zum Feld – wäre ich als Fünfte in den Finaltag gegangen.“

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Wie haben Sie darauf reagiert?
„Die erste Idee war, den Putter zu wechseln, weil an mir konnte es ja nicht liegen (lacht…). Nein, am Montag darauf habe ich zwei Stunden mit Benjamin Schichting in St. Leon-Rot auf dem Putting-Grün gearbeitet. Ich habe ihn spontan angerufen, weil ich einen neuen Input bekommen wollte. Das Putting gehört schon länger nicht unbedingt zu meinen Stärken.“

Was hat er Ihnen mit auf den Weg gegeben?
„Zur Technik hat er gar nicht viel gesagt, er hat mir ein paar Drills empfohlen. Technisch ist meine Bewegung ok, ich ziele meist einen kleinen Hauch rechts und habe eine minimale Pull-Bewegung – das kann ich aber konstant.“

Karo Lampert: „Der erste Eindruck täuscht oft“

Wie läuft ein Putt-Training jetzt ab?
„Ich ziehe eine Linie mit Kreide aufs Grün und mit einem Spiegel kontrolliere ich meinen Stand und die Basics. Der Ball ist leicht innerhalb des Auges. Ziel ist es dabei, dass ich einen geraden Putt auch als gerade wahrnehme, das wird auf diese Weise ganz gut geschult. Im Anschluss arbeite ich intensiv an meiner Puttgeschwindigkeit, damit mehr Putts ein- und nicht auslippen. Das ist auch bei den kurzen Putt sehr wichtig. Die Zahlen sind deutlich besser geworden. Ich weiß gar nicht, ob es die Drills sind, die mir geholfen haben oder einfach die Tatsache, dass ich viel mehr Zeit auf den Grüns verbringe. Aber das ist schlussendlich auch nicht von Bedeutung.“

Sie haben erwähnt, seit kurzem noch mehr Wert auf die Rundenanalyse zu legen. Wie gehen Sie mit den Daten um?
„Der erste Eindruck täuscht oft. Ich habe manchmal das Gefühl, dass mein langes Spiel unpräzise war, nur weil ich ein paar Fairways verpasst habe, aber die Daten zeigen klar, dass ich in diesem Bereich eigentlich immer überdurchschnittlich gut unterwegs bin. Anders sieht es beim Kurzspiel und beim Putten aus. Die Werte, mit denen ich jetzt arbeiten kann, spiegeln stets die Realität wider, nicht meinen subjektiven Eindruck. Daraus kann ich für mein Training einige Schlüsse ziehen.“

Wie würden Sie ihren eigenen Schwung analysieren? Und an was arbeiten Sie aktuell am intensivsten?
„Ich führe immer wieder gerne Diskussionen mit meinen Trainern. Klar wünscht man sich insgeheim einen Schwung wie Adam Scott, der alle Positionen trifft, aber das mit den Schwungveränderungen ist ja immer so eine Sache.“


Was würden Sie auf keinen Fall verändern?
„Mein Wegnehmen ist super und auch wie ich ab 9 Uhr wieder in den Ball komme, gefällt mir sehr gut. Was ich gerne verändern würde, wäre meine Position am höchsten Punkt des Rückschwungs. Etwas mehr Winkel und ein etwas mehr parallel liegender Schläger würde mir gut stehen, aber das werde ich wohl nicht mehr hinbekommen. Ich spüre in dem Bereich zu wenig, um etwas verändern zu können. Aber das wäre es dann auch schon. Mein Trainer Ted Long kennt meine Ambition, einen richtig schönen Schwung zu haben, aber er sagt immer, er wäre schon jetzt richtig schön.“

„Schön schwingen und gute Ergebnisse erzielen haben nicht immer etwas miteinander zu tun.“

Der Trend geht ja sowieso in Richtung sehr individueller Schwünge.
„Eben, und wenn man zum Beispiel Inbee Park ansieht, welche Erfolge sie mit ihrer unkonventionellen Technik erzielt hat, dann fällt es einem leichter, die ganz gravierenden Veränderungen nicht anzugehen. Aber vor allem in der Phase des ersten Lockdowns war es wirklich nicht einfach. Ich habe ja nur Bälle ins Netz gehauen, ein Video aufgenommen und versucht, schöne Schwünge zu machen. In dieser Zeit ist es mir schwer gefallen, mich nicht in technische Details zu vertiefen. Als es dann nach Wochen zurück auf den Platz ging und man den Ball wieder fliegen sah, hat man gemerkt, dass schön schwingen und gute Ergebnisse erzielen nicht immer etwas miteinander zu tun haben.“

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Was steht bei Ihnen in einer Woche ohne Turnier alles an, was das Training betrifft?
„Ich versuche, vier Mal die Woche ins Gym zu gehen. Nicht zum Kraftaufbau, aber um mich gut zu bewegen. Zwei Mal die Woche spiele ich 18 Löcher, zwei Mal geht es zum Trainer nach Mannheim und ein Tag ist frei. Auf der Driving Range geht es seit neuesten immer öfter in den Kurzspielbereich. Aktuell zwinge ich mich dazu, die für mich schwierigen Schläge immer mehr zu üben.“

 

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Welche Schläge sind das?
„Was mir schwer fällt ist, wenn der Ball auf sehr kurz geschnittenem Gras und hartem Untergrund liegt.“

Eigentlich ja eine scheinbar perfekte Lage.
„Leider nicht, wenn ich mir die unangenehmste Lage vorstellen könnte, dann wäre es diese und ein Pitch über einen Bunker auf eine kurzgesteckte Fahne. Das kommt nicht nur auf Linksplätzen öfters vor. Ich sehe in so einer Situation eher die schlechten Schläge, die kommen könnten. Manchmal möchte ich den Ball lieber um den Bunker herum aufs Grün putten (lacht…). Aber ich hoffe, dass ich durch das intensive Training irgendwann ein besseres Gefühl bekomme.“

Läuft das Training mehr technisch oder wettbewerbsorientiert ab?
„Erst das eine, dann das andere. Zunächst, wie beim Putten mit dem Spiegel, geht es um die Basics und um technische Details, dann kommen aber auch Aufgaben hinzu. Zum Beispiel Zwei-Putts aus großer Distanz oder acht Up-and-Downs hintereinander. Das ziehe ich dann durch, bis ich die Aufgabe gemeistert habe. Kann nervig sein, aber meistens bekomme ich es hin. Manchmal geht es sehr schnell, aber es gibt auch Tage, da stehe ich dann 1,5 Stunden auf dem Grün und man sieht schon deutliche Spuren im Gras. Auf diese Weise kommt man an seine Limits. An dieser Stelle möchte ich mich übrigens auch beim Greenkeeper-Team entschuldigen. (lacht…)“

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„Ich war ja auf keinem College“

Profi-Sport bedeutet ja immer auch Druck und mentale Belastung. Wie nahe lassen Sie Golf an sich ran?
„Eigentlich geht es mir damit ganz gut, ich bin da im Grunde recht locker. Im Laufe der Jahre bin ich auch nicht mehr so nervös bei den größeren Turnieren. Und mein Umgang mit schlechteren Leistungen verbessert sich ebenfalls. Man kann mit mir auch nach einer Runde über Par einen schönen Abend verbringen. Das war aber nicht immer so.“

Sehen Sie sich in Zukunft auf der LPGA Tour abschlagen? Oder fühlen Sie sich in Europa zu wohl?
„Ich bin schon sehr gerne immer mal wieder zu Hause. Ich sehe mich die nächsten Jahre eher auf der Ladies European Tour. Man sieht schon bei den Turnieren, die wir gemeinsam mit der LPGA spielen, dass der Unterschied da ist. Ich möchte erst auf der LET gewinnen, um dann vielleicht irgendwann mit Selbstvertrauen den Schritt in Richtung USA zu gehen. Aber das steht vorerst nicht an und werde in diesem Jahr auch keine Q-School spielen. Ich habe ja mal eine halbe Saison auf der Symetra Tour gespielt und auch meine Karte behalten, dann habe ich dieses Projekt aber abgebrochen. Ich war ja auf keinem College, deshalb fühlt sich das Leben dort für mich sehr fremd an. Für eine Woche fliege ich gerne rüber, aber dauerhaft dort zu leben – Ich weiß nicht.“

Zuletzt gab es ja auch wieder einen volleren Turnierkalender in Europa und auch mehr Preisgeld.
„Die Leute sagen immer, auf der LPGA Tour liegt das Geld, da muss man hin. Aber wenn man sich nicht wohlfühlt, macht es keinen Sinn. Ich habe in den zehn Wochen damals gemerkt, dass das nicht mein Ding ist. Zumindest aktuell nicht. So etwas wie Esther Henseleit durchzuziehen, die Woche für Woche ohne wirklichen Stützpunkt von Turnier zu Turnier reist, da habe ich wirklich höchsten Respekt davor, aber für mich könnte ich es mir nicht vorstellen. Auch hier kann man ganz gut Geld verdienen, wenn man gut spielt.“

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