04.01.2022 | 11:14

Ryder Cup – Quo vadis Europa?

43. Ryder Cup
Markus Scheck
Markus Scheck

Ryder Cup. Nach der historischen Klatsche gegen übermächtige Amerikaner stellt sich die Frage, wie die Europäer 2023 in Italien den Spieß umdrehen können.


Der 43. Ryder Cup endete mit einem denkwürdigen, historischen 19:9 Sieg für die USA. Die neue Generation junger, unerschrockener US-Boys folgte dem Ruf von Tiger Woods, der in Whistling Straits zwar nicht physisch, jedoch via Telefon omnipräsent war.

So gab er den zwölf Mannen von Kapitän Steve Stricker vor den finalen Singles ein für die Gegner wenig charmantes „Step on their necks“, also „Tretet ihnen auf den Hals“ mit auf den Weg.

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Mit einem Vorsprung von 11:5 nach den vier Vierer-Partien am Freitag und Samstag ausgestattet, benötigten die Amerikaner lediglich 3,5 Punkte aus den verbleibenden zwölf Single-Partien.

Doch nach so vielen Demütigungen in den vergangenen Jahrzehnten sollte es dieses Mal nicht nur ein Sieg über Europa werden, sondern dann auch einer für die Geschichtsbücher.

Schadensbegrenzung beim Ryder Cup

Spätestens als Collin Morikawa in der Partie gegen Viktor Hovland den Sieg mit einem geteilten halben Punkt auch formell fixiert hatte, war klar, dass es dieses Mal kein europäisches Wunder von Whistling Straits geben würde.

Das europäische Team um Kapitän Padraig Harrington war in der Folge nur noch um Schadensbegrenzung bemüht, doch auch dieses Unterfangen misslang gründlich. Am Ende sah Europa im wahrsten Sinne des Wortes nur noch rot. In neun Partien lag man zwischenzeitlich zurück.

Die USA, auf dem Papier traditionell deutlich besser besetzt als die Europäer, auf dem Platz aber oft auf der Verliererseite. Sie erfüllten in diesem Jahr im US-Bundesstaat Wisconsin die hohen Erwartungen und durfte die Champagnerflaschen köpfen. Es war am Ende ein Kantersieg, der höchste in der modernen Ryder Cup-Geschichte.

Dominanz auf Jahre hinaus?

Sucht man nach den Gründen für die Dominanz der Amerikaner, gilt es mehrere Faktoren zu beleuchten. Ein Team bestückt mit acht Spielern aus den besten zehn der Weltrangliste.

Frenetische Fans im Rücken (im Gegensatz dazu praktisch keine europäischen Fans, die aufgrund der Corona-Reisebeschränkungen nicht in die USA reisen durften) und ein Platz-Setup, das perfekt ausgelegt war auf die Stärken der Heimmannschaft.

Steve Stricker’s Taktiken

Dazu schuf Steve Stricker in seiner Heimat Wisconsin ein Umfeld, das sein Star-Ensemble zur Höchstform auflaufen ließ. In der gesamten Woche hielt der Kapitän keine einzige hochtrabende Rede vor seinen Schützlingen.

Er verzichtete auch darauf, ihnen Motivationsvideos zu zeigen, was viele seiner Vorgänger gerne machten. Als „Strick“ selbst noch im Ryder Cup als Spieler dabei war, machten ihn diese Taktiken nämlich immer nur noch mehr nervös. Es gab auch keinen Gala-Abend auf Seiten der Amerikaner und bis auf die Eröffnungszeremonie keine außertourlichen Verpflichtungen für die Spieler.

Alles ging völlig „casual“ über die Bühne. Captain Stricker gestand jedem Spieler seinen Freiraum zu, das zu tun was er wollte und sich so auf die Matches vorzubereiten, wie es dem Rhythmus eines jeden Einzelnen am ehesten behagt.

Dazu setzte er auf eine elementare Inspiration für sein Team. Er hatte den jüngsten US-Kader seit Jahrzehnten und er wusste dass diese Spieler den größten Teil ihres Lebens damit verbracht hatten, von der anhaltenden Dominanz Europas in dem Vergleichskampf zu hören.

Stricker’s Dream-Team

Die Amerikaner, von denen acht unter 30 Jahre alt waren, waren dieses Narrativs zunehmend überdrüssig geworden und brauchten daher weder eine Rede noch die schmetternde Titelmusik von „Rocky“, um aufgerüttelt zu werden.

Die Paarungen harmonierten von Anbeginn, die Stimmung blieb die ganze Woche lang bestens. So entstand der Nährboden für eine imposante Mannschaftsleistung beim größten Golf-Event der Welt. Stricker schaffte es, aus zwölf der besten Golfspieler der Welt ein Dream-Team zu formen.

Ihm gelang sogar, dass Brooks Koepka und Bryson DeChambeau von ihrer Dauerfehde der letzten Monate abließen und sich in den Dienst der Mannschaft stellten.

Am Ende der Sieger-Pressekonferenz gab es dann auch noch eine – leicht übertrieben kitschige – Umarmungsszene der beiden, die unterstreichen sollte, welch tolles Team die USA denn doch sei.

Die Erfüllung eines Traums

Für Steve Stricker, der zwölf Siege auf der PGA Tour feiern konnte, jedoch bei den vier Majors stets leer ausging, war es die Erfüllung eines Traums. In seiner Heimat Wisconsin den Ryder Cup abzuhalten und dann in Rekordmanier zu gewinnen. Das war das Tüpfelchen auf dem einer erfolgreichen Karriere.

„Dies ist mein Major“, merkte der 54-Jährige mit Tränen in den Augen an, bevor er stolz hinzufügte: „Die Jungs haben sich hier gefunden und hatten diese Woche eine klare Mission. Dies ist eine neue Ära für den Golfsport in den USA.“

Der Beginn einer neuen Ära? Team USA feiert in Whistling Straits einen historischen Triumph
Der Beginn einer neuen Ära? Team USA feiert in Whistling Straits einen historischen Triumph

Wenn die Amerikaner in zwei Jahren in Italien den Ryder Cup verteidigen werden, wird die Mannschaft wohl ein ähnliches Gesicht wie in Whistling Straits haben. FedEx Cup-Champion Patrick Cantlay, Olympiasieger Xander Schauffele, Open-Champion Collin Morikawa, die Team-Leader Dustin Johnson, Justin Thomas und Jordan Spieth, dazu die Kraftpakete Bryson DeChambeau und Brooks Koepka sind aus dieser Mannschaft eigentlich kaum wegzudenken.

Dazu drängen weitere Jungstars, für die es dieses Mal noch nicht reichte, nach vorne. Allen voran Sam Burns, der in der Woche nach dem Ryder Cup bei der Sanderson Farms Championship seinen bereits zweiten PGA-Tour-Titel im Jahr 2021 holte und schon in den Top 20 der Weltrangliste zu finden ist, oder auch der „Rookie of the Year“ Will Zalatoris, der beim Masters in diesem Jahr Rang 2 belegte.

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43. Ryder Cup: Viel Schatten – wenig Licht

Bei den Europäern überwog dagegen nach Beendigung des „Waterloo von Whistling Straits“ naturgemäß Tristesse. Dabei konnte man Kapitän Padraig Harrington eigentlich wenig Vorwürfe machen.

Der emsige Ire bereitete sich – ganz seinem Naturell entsprechend – auch auf seine Aufgabe als Anführer von Team Europe akribisch wie eh und je vor und überließ nichts dem Zufall.

Auf verlorenem Posten: Padraig Harrington konnte die historische Klatsche nicht abwenden
Auf verlorenem Posten: Padraig Harrington konnte die historische Klatsche nicht abwenden

Im Gegensatz zu den Amerikanern, die vorwiegend auf junges Blut setzten, vertraute Harrington stark auf den Faktor „Erfahrung“. Mit Sergio García und Ian Poulter gingen zwei Wildcards an hochdekorierte Veteranen.

Während das dritte freie Ticket dem Open-Champion von 2019, Shane Lowry, der erstmals bei einem Ryder Cup dabei war, zufiel. Das knappe Fazit nach der historischen Klatsche: Die Europäer hatten in der Gesamtheit zu viele Schwachstellen im Team, viele davon waren britischer Natur.

Die Schwachstellen im Team

Der formschwache Rory McIlroy, der in den Vierern vieles schuldig blieb, schluchzte nach seinem versöhnlichen Einzelsieg über Xander Schauffele vor lauter Enttäuschung, nicht genug für sein Team getan zu haben.

Ian Poulter, der sein Einzel gegen Tony Finau gewann, und Lee Westwood, siegreich gegen Harris English. Beide waren analog eine einzige Enttäuschung in den Vierer-Partien, hatten ebenfalls Tränen in den Augen.

Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass die imposante Ryder-Cup-Karriere der beiden Engländer mit einer großen Enttäuschung endete. Europas Team-Kapitän Padraig Harrington gab sich trotz Niedergeschlagenheit als Gentleman und fairer Verlierer und lobte primär den Gegner. „Sie haben alles richtig gemacht. Was auch immer ihr Plan war, sie haben ihn in dieser Woche richtig umgesetzt.

Sie waren ein starkes Team, haben gut gespielt. Waren stets im Aufwind und wären auch in den besten Zeiten schwer zu schlagen gewesen, wenn wir alle in Topform gewesen wären. Das ist ein großartiger Sieg für sie.“

Die Stützen des Teams

In Topform präsentierte sich aufseiten der Europäer einzig der Weltranglistenerste Jon Rahm. Welcher seiner neuen Führungsrolle im Team auch voll gerecht wurde.

Im Zusammenspiel mit seinem spanischen Landsmann Sergio García ließ das Duo im Ansatz Erinnerungen an das legendäre Tandem Severiano Ballesteros und José Maria Olazábal aufkommen.

Auch wenn Rahm das finale Einzel gegen Scottie Scheffler verlor, so lag es an ihm, dass wenigstens ein Hauch von Spannung zu spüren war. Einer der wenigen Lichtblicke war auch der norwegische Rookie Viktor Hovland. Der 24- jährige Shootingstar zeigte die ganze Woche lang keinerlei Nerven und bot den Amerikanern toll Paroli.

Jon Rahm übernahm Führungsverantwortung
Jon Rahm übernahm Führungsverantwortung

Hovland wird auch in Zukunft eine der ganz wesentlichen Stützen im europäischen Team sein und dem alten Kontinent hoffentlich noch viel Freude bereiten. Mit Bernd Wiesberger war erstmals in der Geschichte des Wettbewerbs auch ein Österreicher Teil des Teams. Der 35-jährige Burgenländer spielte als spätberufener Rookie solides Golf am Straits Course.

Am Ende war dies aber nicht genug und so las sich die Bilanz mit drei Niederlagen eher ernüchternd. „Es war eine große Ehre, Teil dieses Teams zu sein“, zeigte sich Wiesberger dennoch überw.ltigt. „Ich hoffe, es war nicht zum letzten Mal. Ich werde alles dafür tun. Diese Woche war einzigartig für mich.“

Generationenwechsel im Team Europa notwendig

Im Angesicht der dominanten Vorstellung der Amerikaner wird dem europäischen Golf-Fan beim Blick in die Zukunft sicher ein wenig bange. In zwei Jahren wartet vor den Toren Roms die ultimative Herausforderung, den Ryder Cup wieder nach Europa zu holen.

Doch wer soll das bewerkstelligen? Noch wurde kein Kapitän mit dem Amt behelligt, Gerüchten zufolge habe aber wohl Lee Westwood die besten Karten, das Team im Marco Simone Golf Club anzuführen. Westwood ist, wenn man so will, auch Synonym für den bevorstehenden Generationenwechsel, der zwangsläufig stattfinden muss.

Mit Henrik Stenson, Justin Rose, Francesco Molinari und Martin Kaymer fehlten schon jetzt wichtige Stützen der vergangenen Events, die leider allesamt in den letzten beiden Jahren in ein Form-Loch fielen.

Neben Westwood scheinen auch die Tage des „Postman“ Ian Poulter gezählt. Die Leidenschaft ist beim mittlerweile 45-jährigen Engländer zwar immer noch vorhanden, jedoch zeigte sich in Whistling Straits nur allzu deutlich, dass man eben nicht von Verdiensten aus der Vergangenheit alleine leben kann.

Neue „Gladiatoren“ gesucht

Es wird daher neben einem Jon Rahm und Viktor Hovland und einem hoffentlich wiedererstarkten Rory McIlroy noch mehr neues Blut benötigen, um im „Colosseum“ von Rom bestehen zu können. Wenn es um Rookies geht, hatte Europa in den letzten Jahren nicht wahnsinnig viel Glück, neue Gesichter zu kultivieren.

+++ Passend zum Thema: Ryder Cup – Gladiatoren gesucht +++

Seit 2012 versäumten gleich elf verschiedene Rookies, sich ein weiteres Mal für das Team zu empfehlen. Darunter Spieler wie Thomas Pieters, Rafa Cabrera Bello oder Thorbjørn Olesen. In diesem Jahr gab es im Team Europe lediglich drei Rookies. Viktor Hovland, der 34-jährige Shane Lowry und der 35-jährige Bernd Wiesberger.

„Das Team hat ein gutes Herz“, beharrt Padraig Harrington auf positivem Spirit. „Alle reden immer von den erfahrenen Jungs, aber in diesem Team gibt es einige Spieler, die noch den Höhepunkt ihrer Karriere vor sich haben. Klar, wir würden uns natürlich über ein paar mehr junge Leute freuen, die in Zukunft kommen. Aber das Herz dieses Teams wird sicher noch ein paar Jahre hier sein.“

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