25.06.2018

Was ist Qualität?

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Warum ist Kostenmanagement im Greenkeeping in der Türkei nicht das große Thema?


Adriaan Alexander Straten

Es geht schon bei den Profiturnieren los. Die Turkish Airlines Open 2017 war mit einem Preisgeld von 7 Mio. $ ausgestattet. Und das in einem Land wie der Türkei, welches lediglich ca. 5.500 registrierte Golfer im Verband zählt. Von den 5.500 Golferinnen und Golfern sind ca. 3.500 Kinder und Jugendliche gezählt. Also kommt es nicht auf die Anzahl der registrierten Golfer an, sondern in diesem speziellen Fall auf die Greenfee-Einnahmen. Und die sprudeln in der Türkei wieder. 
Bei durchschnittlich rund 60 Euro Greenfee, einem geringen Lohnniveau und wieder aufkeimendem Tourismus geht die Rechnung für die Investoren der Golfresorts in und um Belek bestens auf. Bei geschätzten 2,5 – 3,5 Mio. Euro Jahresumsatz pro 18-Löcher-Golfanlage, lässt auch der Kostendruck auf das Greenkeeping spürbar nach. Auch, wenn die Entstehungskosten der Golfanlagen durch die Verpflichtung von namhaften, international geschätzten Golfplatzdesignern schnell einen siebenstelligen Sprung nach oben machen. 

Warum ist Kostenmanagement im Greenkeeping in Deutschland ein großes Thema?

Bei einer kurzen Saison von gerade einmal sechs bis acht Monaten und einer Umsatzstruktur, die sich im Wesentlichen an der Generierung von Mitgliedsbeiträgen orientiert, sieht die Rechnung anders aus. Deutsche Golfanlagen setzen im Schnitt 0,8 bis 1,2 Millionen Euro um. Vor dem Hintergrund von deutlich höheren Kosten für Pachtzins, Löhne und Gehälter sowie Betriebsmitteln und Material im Vergleich zur Türkei, fällt es zunehmend mehr Golfanlagen in Deutschland schwer, sich wirtschaftlich über das Jahr zu retten. Besonders im IV. Quartal ist die Liquiditätsdecke vieler Golfanlagen so dünn, das es ungemütlich zu werden droht. Dieser Kostendruck, der häufig nicht durch gestiegene Kosten seitens des Greenkeeping hervorgerufen wird, sondern durch eine verschlechterte Ertragslage durch die Abwanderung bzw. das Aussterben von Vollzahlern, führt zu einem Spannungsfeld, in dem sich das Greenkeeping wieder und wieder behaupten muss.
Mit wieder und wieder behaupten, ist die Fluktuation im Management und Vorstand gemeint. Der Präsident, der 30 Jahre im Amt bleibt, gehört zu einer Generation, die sich jetzt aus den Ehrenämtern verabschiedet. Dazu kommt die mit 30 Prozent von Jahr zu Jahr recht hohe Personalfluktuation im Management der Golfanlagen.

Erhebung von Daten während der Saison unerlässlich

Dann im IV. Quartal, wenn die Vegetationsphase vorbei ist, die Tage kürzer werden und die Witterung manchen Sondereinsatz auf dem Platz nicht zulässt, ist dies meist die Zeit, in der Budgetgespräche für das kommende Jahr anstehen. Der Head-Greenkeeper sieht sich dann mit einer Situation konfrontiert, in der er die Anschaffung neuer Maschinen, mehr Mitarbeiter, mehr Material etc. zu einem Zeitpunkt anspricht, wenn die Geschäftsleitung/Vorstand wenig bis kein Geld mehr auf dem Geschäftskonto vorfindet, und die Kündigungen der vollzahlenden Mitglieder per Post eintrudeln, bzw. nach dem 30.9. feststehen.
Ist die Saison vorbei, kommt die Zeit, auf die zurückliegende Saison zurückzublicken und zu bewerten, wie die verschiedenen Maßnahmen auf dem Platz in der abgelaufenen Saison verlaufen sind. Was im kommenden Jahr, wann und wie, geplant werden sollte. Es ist auch die Zeit sich zu fragen, was alles nicht angegangen wurde und, was es wert ist, das in Zukunft zu tun.
Um die Maßnahmen in der kommenden Saison gut vorbereiten zu können, ist die Erhebung von Daten während der Saison unerlässlich. Da das Greenkeeping in der Regel mit Abstand der größte Kostenfaktor für den Betrieb einer Golfanlage bedeutet, lohnt es sich besonders, hier eine gute und transparente Dokumentation der verbrauchten Materialien, Arbeitszeiten und Maschinen aufzubauen. Kann der bzw. die Greenkeeping-Verantwortliche Kosten transparent darstellen? Wenn ja, hat sie/er gute Karten, Einsparungen vorzunehmen, ohne an der Platzpflegequalität Veränderungen vorzunehmen.
Neben dem Verständnis für das, was für Prozesse im Greenkeeping notwendig sind, ist es unerlässlich, diese auch zu dokumentieren, um zu einer Bewertung kommen zu können.

Damit das nicht so abstrakt ist, hier ein praktisches Beispiel: 

Auf Golfanlage Schönste Wiese e.V., die auch vom Verein betrieben wird, ist nach sechs Jahren wieder ein neuer Vorstand gewählt worden. Die Personen des alten Vorstands treten komplett zurück und ein neuer Vorstand tritt geschlossen an. Der neue Vorstand geht motiviert ans Werk. Der eben gerade ins Ehrenamt gewählte Platzvorstand, John Spindel, hat sich schon immer über das Hard-Rough links an Bahn 4 geärgert, da hooken er und seine Stamm-Flightpartner dienstags regelmäßig ihre Drives hinein. Jetzt, nach seiner Ernennung zum Platzvorstand, ist endlich die Zeit gekommen, diesen „Missstand“ zu verbessern. 

Verbessern im Sinne, diese und weitere Spielbahnen zu verbreitern, in dem die Hardrough-Fläche zugunsten von Semirough-Fläche in Gesamtheit um 20% verringert wird. Da John Spindels Erfahrungen im Bereich Greenkeeping sich auf Golfspielen und die Pflege von 100 Quadratmeter Rasenfläche vor dem Eigenheim beschränkt haben, kann er sich noch keine Vorstellung von der wirtschaftlichen Dimension dieser Entscheidung machen. Und, wenn es ihm weder der Golfmanager (der es besser wissen sollte), noch der Head-Greenkeeper sagt, wird sein Kenntnisstand sich nicht vergrößern.

Der erfahrene Head-Greenkeeper wird dem Platzvorstand John Spindel voraussichtlich folgende oder ähnliche Rechnung aufmachen: Unsere Kosten für das Semirough-Mähen liegen bei EUR 18,–/Mannstunde und EUR 34,–/Stunde Vollkosten Semirough-Mäher, also gesamt bei EUR 52,–/Stunde. Der Head-Greenkeeper weiß, dass für Semirough-Mähen in den letzten zwei Jahren im Mittel 865 Stunden p.a. aufgewendet wurden. Durch eine Erweiterung der zu mähenden Fläche des Semiroughs um 20% werden 190 Stunden zusätzlich pro Saison gemäht. Die zusätzlichen Kosten belaufen sich somit pro Saison auf EUR 9.880,00.

Das ist nur ein Beispiel.

Drehen wir das Beispiel um und sparen uns das Mähen von 20% der Semirough-Flächen, z.B. rund um Abschläge, so können die eingesparten 190 Mannstunden, die etwa 1,2 Mannmonate entsprechen, für z.B. Grünflächenpflege rund um das Clubhaus eingesetzt werden. Weiterhin verlängern die eingesparten Maschinenstunden die Lebensdauer der Maschine und die Treibstoffkosten werden reduziert.
Dieses Wissen um Einsparpotenziale bietet eine nachvollziehbare und kompetente Basis, um kaufmännisch fundierte Entscheidungen zu treffen. Mit dieser Transparenz und dem Wissen über Flächen und deren Pflege lassen sich kleine Veränderungen vornehmen, die der Golfer kaum bemerkt, die sich jedoch zu einer relevanten Kostensenkung kumulieren. Auch die Argumentationsbasis für die Anschaffung neuer Maschinen, bzw. den Ersatz von Maschinen aus dem bestehenden Maschinenpark, ist dann gegeben. Der Head-Greenkeeper muss sich gewahr sein, dass er es im Vorstand/Geschäftsleitung der Golfanlage häufig mit branchenfremden Laien zu tun hat, denen die Anforderungen, vor dem er/sie als Greenkeeping-Experte steht, von Grund auf fremd sind.
Wenn es nicht das fachliche ist, was ist es also dann, dass Menschen/Golfer dazu bewegt, ein Ehrenamt wie Platzvorstand auf einer Golfanlage auszufüllen. Bestenfalls ist es die Liebe zum Golfspiel. Um die Motivation zu verdeutlichen, zitiere ich den guten alten David R. Forgan, der es treffender nicht hätte formulieren können:

GOLF

  • Es ist eine Wissenschaft – ein Studium fürs Leben, bei dem du dich selbst aufbrauchst, aber niemals dein Subjekt.
  • Es ist ein Wettstreit, ein Duell oder ein Handgemenge, die Mut, Geschick, Strategie und Selbstbeherrschung erfordern.
  • Es ist eine Prüfung des Temperamentes, ein Test der Ehrenhaftigkeit und die Offenbarung des Charakters.
  • Es bietet die Chance, wie ein Mann/eine Frau zu spielen und wie ein Herr/eine Dame zu handeln. 
  • Es bedeutet in Gottes Welt hinaus zu gehen, der Natur nahe zu sein, frische Luft zu atmen, sich zu ertüchtigen, mentale Spinnweben hinweg zu fegen und den müden Knochen eine echte Erholung zu gönnen. Es ist eine Kur für das Gemüt – ein Mittel gegen Beunruhigung.
  • Es beinhaltet den geselligen Umgang mit Freunden, soziale Kontakte, Gelegenheit für Höflichkeiten sowie Rücksicht und Großzügigkeit gegenüber seinem Gegner.
  • Es fördert nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch die moralische Kraft.
Ist es nicht die Liebe zum Spiel, sind es andere Motive, wie beispielsweise der Hang, sich profilieren zu wollen, bzw. über einen Titel sich ein Profil zu geben, welches man im „echten“ Leben nicht hat. In dem Fall spielen die EUR 9.880,00 dann auch keine Rolle, denn die Summe ( in 10 Jahren immerhin rund EUR 100.000,– zusätzliche Kosten ), werden nicht von John Spindel getragen, sondern von den Mitgliedern. Notfalls über Umlagen, die zusätzlich zum Jahresbeitrag Mitgliedern abverlangt werden.

Was ist denn nun Qualität?

Kostenmanagement im Greenkeeping bedeutet für den verantwortlichen Greenkeeper, bzw. Head-Greenkeeper, immer auch Selbstmanagement. Präsentieren von Argumenten, um gesteckte Ziele zu erreichen, ist ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg. Geschicktes präsentieren ist nicht jedermanns Sache, daher sollte das Greenkeeping Unterlagen aufbereiten, die für sich sprechen. Eine standardmäßige Erfassung der relevanten Daten sollte die Maschinen, Arbeitszeitaufwand für
– Löcher versetzen
- Range Balle sammeln & reinigen
- DR mähen
- Semirough mähen
- Fairways
- Abschläge
- Grüns
- Maschinenwartung, 
etc…. umfassen. 
Was uns zur Frage aus der Überschrift dieses Beitrags – Was ist Qualität? – führt und nun beantwortet wird: Qualität ist, wenn die Preis/Leistungserwartung des Kunden erfüllt wird. Übersetzt auf Kostenmanagement im Greenkeeping bedeutet das: Die Qualität der Arbeit im Greenkeeping wird an der Zufriedenheit des Auftraggebers gemessen. Nun gilt es zu ergründen, was tatsächlich diese Zufriedenheit auslöst. Ist es wirklich der Zustand der Golfanlage, der Grüns, oder sind es andere Aspekte…
Quellen: Zahlen nur beispielhaft, Zitat: David R. Forgan
Ihr 

Adriaan A. Straten
Adriaan Alexander Straten berät mit seinen Netzwerken golfpilot.de und golfbrand.de seit 1989 Golfanlagen

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