08.07.2022 | 16:22

Francis Ouimet – das Ami-Wunder

Auf dem Weg zum Nationalhelden: Francis Ouimet bei den U.S. Open 1913 im The Country Club in Brookline, Massachusetts
Marcus Brunnthaler
Marcus Brunnthaler

Francis Ouimet – das Ami-Wunder. Eine Geschichte wie im Märchen: Er gewann mit seinem zehnjährigen Caddie als absoluter Nobody die U.S. Open 1913 und verhalf damit dem Golfsport in den USA zum Durchbruch.


Der Golfsport ist ein von Hollywood seit jeher gerne aufgegriffenes Thema: Unvergessen das Duell zwischen Sea Connery und Gerd Fröbe auf dem Golfplatz in „Goldfinger“. Komödien wie „Tin Cup“, „Bagger Vance“, „Happy Gilmore“ oder der 2005 erschienene Film „The Greatest Game ever Played“, auf Deutsch „Das größte Spiel seines Lebens“, bedienen sich dabei mehr oder weniger der typischen Klischees romantischer Hollywood-Streifen:

Der tragische Held befindet sich anfangs in der Krise. Mit fortlaufender Handlung besiegt er durch die Leidenschaft zum Golfsport seine inneren Dämonen und avanciert schließlich zum gefeierten Helden. Was das alles mit Francis Ouimet zu tun hat?

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Gelungene Ouimet-Verfilmung: „The Greatest Game Ever Played“
Gelungene Ouimet-Verfilmung: „The Greatest Game Ever Played“

Bei „Das größte Spiel seines Lebens“ handelt es sich um die Geschichte eines jungen Caddies, der als absoluter Outsider die U.S. Open 1913 im The Country Club in Brookline gegen die damaligen Stars des Golfsports, Harry Vardon und Ted Ray, gewinnt.

Golf und Hollywood

Und als ob Regisseur Bill Paxton damit nicht schon tief genug in die Kitsch-Schublade gegriffen hätte, stellt er dem Helden seines Films, Francis Ouimet, gespielt von Shia LaBeouf, auch noch einen zehnjährigen Knirps zur Seite, der ihm – als neunmalkluger Caddie – zum Sieg verhilft.

Hollywood lässt grüßen, werden die einen sagen. Tatsache ist – und das unterscheidet „Das größte Spiel seines Lebens“ von den zuvor genannten Filmen –, dass es sich hier um die äußerst gelungene Verfilmung einer tatsächlichen Begebenheit handelt:

Der 20-jährige Francis Ouimet gewann tatsächlich mithilfe seines zehnjährigen Caddies Eddie Lowery die U.S. Open 1913 im Stechen gegen Harry Vardon und Ted Ray. Eine Geschichte, die Geschichte schrieb.

Als ob diese Leistung an sich nicht schon bemerkenswert genug gewesen wäre, verhalf Ouimet mit seinem triumphalen Sieg gleichzeitig dem Golfsport in den USA zum Durchbruch. Golf war bis dahin einzig und allein der dünn besetzten Oberschicht vorbehalten. Die Golfstars kamen aus Europa und weckten nur langsam, mit Schaukampf-Tourneen durch die Staaten, das Interesse am Golfsport in Amerika.

Das Wunder von Brookline

Francis Ouimet wurde am 8. Mai 1893 in Brookline, Massachusetts, geboren. Der Vater war Farmer, die Mutter Hausfrau. Als glücklicher Zufall befand sich das Haus der Ouimets auf der anderen Straßenseite des The Country Clubs in Brookline. Mit einem abgehalfterten Schläger seines älteren Bruders Wilfred machte Francis die ersten Schwünge im Garten, im Alter von elf Jahren verdiente er sich sein erstes Geld als Caddie.

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Erstmals auf sich aufmerksam machte Francis mit dem Sieg bei den Massachusetts State Amateurmeisterschaften 1913. Ein Umstand, der ihm im selben Jahr eine Einladung zu den U.S. Open einbrachte.

Selbstverständlich räumte niemand einem ehemaligen Caddie auch nur die geringste Chance ein, zumal der Titelverteidiger aus Amerika, John McDermott, vor allem aber der vierfache British Open Champion Harry Vardon und der amtierende British Open-Sieger Ted Ray aus Schottland am Start waren.

U.S. Open-Champions: Ouimet (ganz oben) und Caddie Lowery (mit Bag)
U.S. Open-Champions: Ouimet (ganz oben) und Caddie Lowery (mit Bag)

Da Francis kein Geld für einen Caddie aufbringen konnte, ergab sich der Glücksfall, dass ein Junge aus der Nachbarschaft, der zehnjährige und kleinwüchsige Eddie Lowery, die Aufgabe mit Freuden übernahm. Nach vier Runden fand sich Francis Ouimet zur großen Überraschung aller Beteiligten und Zuschauer – und nicht zuletzt seiner eigenen Überraschung – gleichauf mit Vardon und Ray und ging am folgenden Tag ins Stechen.

+++ Zum Thema: Abe Mitchell – der easy Ryder +++

Dort schied Ray an der 16 aus und am Ende besiegte Ouimet Vardon mit fünf Schlägen Vorsprung (anders als im Film, in dem Ouimet mit einem Schlag Vorsprung gewinnt) und machte die Sensation perfekt. Die Botschaft ging wie ein Lauffeuer um die Welt. Dies veränderte das Bild vom bis dahin staubig und unmodern anmutenden Golfsport, vor allem in Amerika.

Das Erbe von Francis Ouimet

Dass Francis keine Eintagsfliege blieb, bewies er prompt mit seinem Sieg bei den U.S. Amateurmeisterschaften 1914. Als er wenig später ein Sportgeschäft eröffnete, wurde ihm von der USGA die Teilnahme an Turnieren untersagt – eine unsinnige Regel, die bald darauf aufgehoben wurde.

Ouimet erschien zurück auf der Bildfläche als Spieler bei der Erstaustragung des Walker Cups 1922 und spielte bei sieben darauffolgenden Austragungen. Von 1929 bis 1933 war er Captain und gewann 1931, im Alter von 38 Jahren, nochmals die U.S. Amateurmeisterschaften.

Walker Cup Captains: John Beck / UK (links) und Francis Ouimet / USA
Walker Cup Captains: John Beck / UK (links) und Francis Ouimet / USA

Das Erbe von Francis Ouimet beruht nicht so sehr auf seinen Erfolgen, sondern vielmehr auf dem Einfluss, den er auf den Golfsport in Amerika hatte: Bei seinem U.S. Open-Sieg 1913 zählte Amerika rund 350.000 Golfer, zehn Jahre später waren es bereits über zwei Millionen.

Francis Ouimet gilt zu Recht als der Vater des Golfsports in Amerika. Übrigens: Caddie Eddie Lowery managte später erfolgreich Amateurchampions und brachte es schließlich als Autohändler in San Francisco zum Multimillionär. Er und Francis Ouimet blieben bis zum Tod Ouimets im Jahre 1967 enge Freunde.

Francis Ouimet
Francis Ouimet

Kurz-Vita: Francis Ouimet

  • Geboren: 8.5.1893, Brookline, Massachusetts
  • Gestorben: 2.9.1967, Newton, Massachusetts
  • Major-Siege: U.S. Open 1913
  • Weitere Turniersiege: 18
  • World Golf Hall of Fame: 1974
  • Mitglied bei der Erstaustragung und sieben weiteren Austragungen des Walker Cups; erster amerikanischer Captain des R&A St. Andrews 1951; blieb Zeit seines Lebens Amateur
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