Golflehrer Tom Duncan spricht über ein Erlebnis, das seine Methoden und die Philosophie seines Unterrichts maßgeblich verändert hat.
Seit 25 Jahren darf ich mich jetzt schon Golf Professional nennen. Geändert hat sich in dieser Zeit nicht viel. Zumindest nicht auf den ersten Blick. Meinem Unterricht von damals begegnet man heute noch auf vielen Golfanlagen. Durch die Erfahrungen meines Mentors David Leadbetter schienen meine Methoden ziemlich modern, ich selbst hielt den Unterricht auch dank Video und Computer für richtig fortschrittlich.
Wo Fehlerquellen bei Schwung und Schlag liegen, sollte ein Pro ohnehin wissen. Nur: Nicht jeder Schüler wurde sofort viel besser, und nicht jeder mochte meine eher technische Art Unterricht zu geben.
Erst ein Zufall brachte mich auf eine neue Spur. Genaugenommen ein Schüler. Dieses Erlebnis hat nicht weniger als mein Leben verändert.
Ich hatte Rüdiger schon am Tag zuvor auf der Range gesehen und wusste, er kam von außen und schlug ausgeprägte Slices. „Okay, wieder mal eine Slice-Korrektur”, hörte ich mich innerlich lachen.
Ein Slice generiert bei jedem Pro beinahe kindliche Freude. Die Verbesserung der daraus resultierenden Kurven gehört zu den einfachsten Aufgaben. Es ist fast so, als hätten sie für ein vermeintlich riesiges Problem einen Elektriker gerufen, der dann lediglich eine Glühbirne ersetzen muss.
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Was war da schon ein lächerlicher Slice dagegen?
Aber zurück zum eigentlichen Thema: Auf dem Rückweg in Richtung Clubhaus von ein paar Löchern mit einem anderen Schüler sah ich Rüdiger und bot ihm an, die letzten Löcher mit ihm über den Platz zu gehen. Entgegen meinen Erwartungen spielte er hervorragend mit seinem Slice vom Tee, traf die Fairwayhölzer gut und platzierte seinen Ball zielgenau – sei es auch mit einer Kurve.
Um das Grün offenbarten sich allerdings die Probleme. Rüdiger socketierte viele Wedges und war kaum in der Lage, einen Ball in die Nähe des Lochs zu spielen. Das waren seine Problemzonen. Was war da schon ein lächerlicher Slice dagegen? Und ich hätte, ohne ihn einmal auf dem Platz erlebt zu haben, gleich an seinem Schwung geschraubt. Ich hätte ihm vermutlich gar nicht geholfen und ihm darüber hinaus einen Haufen Gedanken in den Kopf gesetzt. Diese Erkenntnis hat mich tief beeindruckt und etwas in Gang gesetzt.
Es war der Anfang einer neuen Philosophie – seitdem bin ich mit jedem neuen Schüler auf dem Platz gewesen. Da erkenne ich, wo der Schuh wirklich drückt, wo ich ansetze und sich die größten Verbesserungen erzielen lassen. Return-on-Invest nennen das Betriebswirtschaftler: Wie groß ist die Rendite, gemessen am Gewinn im Verhältnis zum eingesetzten Kapital. Profitiert haben dabei sowohl Schüler als auch Lehrer.
Golflehrer und Methoden: Vieles hat sich geändert
Geändert hat sich inzwischen auch die Sprache im Unterricht. Es geht viel um Schlagarten und Kompetenzen und extrem wenig um Bewegungsmerkmale. Wir setzen uns mit Kompetenzprofilen auseinander und sprechen so viel über Taktik und Strategie, dass ich mich nicht nur fortbilden musste, sondern auch mittlerweile selbst Taktik-Fortbildungen anbiete.
Und für mein Spiel? Für mein Leben als Pro? Ich habe die Verknüpfung gefunden zwischen Unterricht und dem jungen Tom Duncan, der es einmal auf die Tour schaffen wollte.
Ich habe verstanden, wie Training Neugier auslöst und schnell Spaß macht. Ich habe gelernt, wie das Gehirn lernt und Fähigkeiten rasch entwickelt. Klar haben meine Schüler enorm profitiert – aber derjenige, der am meisten profitiert hat ….. das bin ich.
Tom Duncan, Director of Instruction der Mangfalltal School of Golf
Info: www.msofgolf.de
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