Interview Matthias Schwab. Österreichs Tour-Pro Matthias Schwab über die Rolle der Psychologie im Golfsport.
Herr Schwab, welche Rolle spielt das Mindset bzw. die Psychologie für Sie im Golfsport?
Matthias Schwab: Die Psychologie spielt im Golfsport natürlich eine sehr große Rolle. Ich konnte die Erfahrung machen, dass die Top-Weltklassespieler sich vor allem durch enormes Selbstvertrauen von den übrigen Spielern abheben bzw. unterscheiden. Dabei geht es um wirklich „gesundes Selbstvertrauen“ – nicht angelerntes oder anerzogenes Selbstvertrauen.
Diese Spieler sind innerlich davon überzeugt, auch die schwierigsten Situationen und Schläge z. B. in einem Turnier meistern zu können. So werden von diesen Spielern auch die schwierigsten Pin-Positionen ohne zu zögern angespielt.
Diese Spieler denken nicht daran, „was passieren könnte, wenn der Schlag „schiefgeht“. Sie sind felsenfest davon überzeugt, dass sie den Schlag können.
Was sind die Unterschiede zwischen Amateursport und Profi-Golf?
MS: Die wesentlichsten Unterschiede bestehen darin, dass im Profi-Golfsport jeder Spieler über ein optimales Umfeld verfügen muss, um erfolgreich sein zu können.
Ebenso muss der Profi wie oben angeführt über eine mentale Stärke verfügen, die es ihm ermöglicht, in allen seinen Golfprofi-Situationen Herr der Lage zu sein.
Das gilt nicht nur für die Situationen am Golfplatz, sondern auch in seinen übrigen Lebensbereichen. Er muss wissen, wie er sich ernährt, wie er trainiert, welche Personen er in sein Umfeld aufnimmt usw.
Er ist im Gegensatz zu den Amateuren nahezu immer ein „Einzelkämpfer“, der nicht wie Amateure in Gruppen oder Teams arbeitet. Sein Umfeld muss voll passen.
Wie unterscheiden sich absolute Siegertypen in ihrer Mentalität vom Durchschnitt?
MS: Die Siegertypen sind im Golfsport in jeder Hinsicht „sehr starke Persönlichkeiten“, von sich überzeugt, sehr fokussiert. Sie stellen ihr Leben voll auf den Sport ab, verfolgen ihre Ziele sehr konsequent, ja man könnte sagen, dass diese Typen sehr egoistisch ausgerichtet sein müssen, um Siegertypen zu werden.
Natürlich gibt es auch sehr nette Siegertypen, mit denen man gut auskommt. Trainingsweltmeister oder ewige Zweite sind häufig diejenigen, die ihr Leistungspotenzial im Wettkampf nicht abrufen können, weil ihnen das nötige Maß an Selbstvertrauen und Selbst-Überzeugung im Turnier fehlt.
Wie erlangt / trainiert man die mentale Stärke, die man (als Profi) braucht, um sich Tag für Tag durchzusetzen?
MS: Ich glaube, dass man mentale Stärke und alles, was dazu gehört, nicht wirklich erlernen oder sich antrainieren kann. Es erscheint mir eher, dass diese psychischen Eigenschaften angeboren sind.
Sicherlich führen Siege dazu, dass man mental immer stärker wird, aber die Voraussetzung für erste Siege sind halt einmal mentale Stärke und Selbstvertrauen.
Deshalb gibt es ja auch die ewigen Zweiten bzw. die Trainingsweltmeister. Diese schaffen es häufig auch durch Training, Mentalcoaches usw. nicht, ihr Potenzial in den Wettkämpfen abzurufen.
Gibt es Psycho-Tricks, die Gegner einsetzen, um dich am Platz zu zermürben?
MS: Bei den Turnieren auf der European Tour ist es mir noch nicht untergekommen, dass Spieler in einem Flight versucht haben, sich gegenseitig mit sogenannten Psycho-Tricks zu zermürben.
Sicherlich gäbe es die Möglichkeit dazu, aber es geht unter den Spielern eigentlich diesbezüglich sehr fair zu. Viele Spieler sind auf der Runde sehr konzentriert und reden wenig, andere wieder unterhalten sich gerne mit ihren Flightpartnern.
Wie schafft man es, mental über 18 Löcher / 4 Turniertage / im Playoff stark zu bleiben? Was braucht es, um nach Niederlagen wieder in die Siegerstraße zurückzufinden?
MS: Man lernt im Profi-Golfsport sehr schnell, sich über Birdies nicht weiß Gott wie zu freuen und über Bogeys sich nicht über Gebühr zu ärgern.
Birdies und Bogeys sind Teil des Spiels und kommen ganz normal vor. Niederlagen, den Cut nicht zu schaffen, ebenso. Man weiß, dass man statistisch von 25 bis 30 gespielten Turnieren im Jahr durchschnittlich 6 bis 8 Cuts nicht schafft. Das ist einfach so und belastet zwar im Moment, man ärgert sich ein wenig über vergebene Möglichkeiten oder gemachte Fehler, aber nicht nachhaltig.
Vier Turniertage, Reisen zwischen den Turnieren, Pro-Am, Sponsorentermine usw. und das häufig 4 bis 5 Wochen hindurch sind sehr anstrengend. Man muss über eine sehr gute Grund-Kondition verfügen, um Woche für Woche fit und ausgeruht in die Turniere gehen zu können.
Welches Mindset ist nötig, damit Eltern und Kinder den langen, steinigen Weg zum Golfprofi meistern?
MS: Das Wichtigste ist Spaß und Freude. Wer seinen Sport – seinen Leistungssport – nicht mit Spaß und Freude betreibt, der hat keine Chance. Dazu gehören auch das Training, die Entbehrungen, die Lebensweise und vieles mehr, das man auf sich nehmen muss, will man erfolgreich sein.
Bei mir war es so, dass meine Eltern meinen Bruder Johannes und mich sehr sportlich erzogen haben. Wir erlernten bereits im Kindesalter alle bei uns möglichen Sportarten, hatten großen Spaß daran, hatten viele Freunde, sahen bereits im Kindes- und Schüleralter viel von der Welt und erlebten auf Reisen und Aufenthalten in fremden Ländern sehr viel.
An erster Stelle stand bei uns aber nie der Sport, sondern die Ausbildung, Schule, Matura, Studium. Und dann kam der Sport. Das war auch gut so.
Info: www.matthiasschwab.com
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