Michelle Wie West hat ihren zeitnahen Rücktritt vom Turnier-Golfsport bekanntgegeben. Nach der U.S. Women’s Open, kommende Woche, möchte das ehemalige Wunderkind und heute 32-jährige Mutter einer Tochter der LPGA Tour den Rücken kehren.
Sie galt als das Wunderkind des weiblichen Golfsports und hat schon früh alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Manche sahen in ihr damals sogar den zukünftigen Tiger Woods des Damengolfs.
Ziemlich genau 20 Jahre ist es her, dass sich Michelle Wie West, damals noch Michelle Wie, als Zwölfjährige für ein Turnier der LPGA Tour qualifiziert hatte. Und damit für Furore sorgte.
Zuvor war ihr als Zehnjährige bereits die Qualifikation für die USGA Amateur Championship gelungen. Sie schrieb damit landesweit erstmals Schlagzeilen.
Dem nicht genug, gewann die Amerikaner, die auf Hawaii aufwuchs, ein Jahr später, mit 13, eine USGA Amateur Championship.
Auch der Rekord bei der 2003-Austragung der Kraft Nabisco Championship, als jüngste Spielerin in der Geschichte bei einem Major den Cut zu schaffen, bleibt unvergessen.
Ebenso ihre Auftritte bei Turnieren auf der PGA Tour, bei denen sie gegen die Herren antrat. So bei der Sony Open 2004, als sie mit einer 68 die niedrigste Runde einer Frau auf der PGA Tour spielte (auch andere Ladies wie z.B. Annika Sörenstam traten vereinzelt auf der PGA Tour an).
Damals verpasste Michelle Wie West den Cut bei dem Turnier um einen Schlag.
In Folge nahm sie noch an sechs weiteren PGA-Tour-Turnieren teil und erreichte das Viertelfinale der U.S. Amateur Public Links bei dem Versuch, sich eine Einladung zum Masters zu ergattern. Der Sieger des inzwischen eingestellten USGA-Turniers erhielt traditionell eine Einladung nach Augusta.
Sie wechselte schließlich 2005 – einen Tag vor ihrem 16. Geburtstag – ins Profilager und erhielt 2009 die Tourkarte für die LPGA Tour, auf der sie insgesamt fünf Turniere für sich entscheiden konnte. Darunter auch ein Major bei der U.S. Women’s Open 2014.
In dem Zuge wurde auch bekannt, dass sie Sponsoren-Verträge mit Nike und Sony in Höhe von zehn Millionen U.S. Dollar unterzeichnet hatte.
Michelle Wie West – gesundheitliche Probleme
Erstmals gesundheitliche Probleme traten auf, als sich Michelle Wie West 2007 bei einem Sturz beim Joggen eine Verletzung ihres linken Handgelenks zuzog. Sie musste daraufhin vier Monate pausieren.
Im April 2008 gab sie bekannt, dass sie sich bei dem Sturz drei Knochen ihres Handgelenks gebrochen hatte. Das entgegen der damaligen Behauptung ihres Managements, das erklärt hatte, dass keine Brüche erfolgt waren.
Die weitere Saison soll Wie West bis zu fünf Schmerztabletten pro Tag zu sich genommen haben, wie sie später erzählte. Ihre Eltern und ihr Management hatten die Verletzung aber vehement heruntergespielt, wohl aus Angst vor dem Verlust von Sponsoren.
Das ist alles sehr lange her und in der Zwischenzeit hat sich einiges getan.
So ist die heute 32-Jährige seit August 2019 mit Johnnie West verheiratet, dem Sohn der amerikanischen Basketball-Legende Jerry West.
Am 19. Juni 2020 kam die gemeinsame Tochter Makenna Kamalei Yoona West auf die Welt.
Und nun, da sie offenbar die Entscheidung getroffen hat, die LPGA vollständig zu verlassen, bleiben Fragen, ob das tatsächlich eine finale Entscheidung sein wird.
Wie West gab bekannt, dass sie nächste Woche bei den U.S. Women’s Open in Pine Needles antreten werde. Und im Anschluss der Tour den Rücken kehren werden.
Nur noch die Women’s Open in Pebble Beach, im nächsten Jahr, werde dann auf ihrem Turnierkalender stehen. Ehemann Jonnie West hat sich schon bereit erklärt, dabei als Caddie zu fungieren.
„Ich schließe auf keinen Fall etwas aus“, so Wie West. Aber sie sagte auch, dass ihr Körper nicht mehr mithalten kann.
Als sie bei ihrem einzigen LPGA-Turnier 2022, beim Hilton Grand Tournament of Champions im Januar, an den Start ging, fühlte sich der erste Tag großartig an, aber danach war es körperlich ein Kampf. Sie spielte Runden von 71, 78, 78 und 81 Schlägen.
„Manchmal, wenn ich viel Golf spiele, liege ich danach nur im Bett“, so Wie West. „Oder ich kann Makenna nicht hochheben und das hat mir Angst gemacht.“
„Habe alles erreicht …“
Am stolzesten ist Michelle Wie West darauf, dass sie ihren Abschluss in Stanford gemacht hat, während sie auf der LPGA spielte. Tatsächlich gewann sie zwei ihrer Titel, während sie noch studierte. Und dass sie einen U.S. Women’s Open Titel gewonnen hat. Das waren ihre beiden größten Träume.
„Weil ich beides erreicht habe, bin ich mit meiner Entscheidung jetzt sehr zufrieden“, sagt sie. „Ich denke, wenn ich die U.S. Open nicht gewonnen hätte, würde ich immer noch Woche für Woche da draußen stehen und versuchen, dieses Turnier zu gewinnen.“
Eine Angelegenheit, die Wie West jedoch fürchtete, war der Anruf von Nike, um ihren Vertrag zu beenden. Doch es kam ganz anders. Wie Wests langjähriger Sponsor hat die Partnerschaft um weitere fünf Jahre verlängert.
Omega, ein weiterer früher Sponsor von Wie West, hat ebenfalls erklärt, ihr auch während der anstehenden, neuen Lebensphase treu zu bleiben.
Man darf also gespannt sein, wie sich die nächsten Wochen, Monat und Jahre für Wie West gestalten werden. Und ob sie es tatsächlich schaffen wird, dem Golfsport komplett den Rücken zu kehren.
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