Neue Zukunftsgeneration in Schwarz-Rot-Gold
Golfprofis – neue deutsche Welle
Golfprofis – neue deutsche Welle. Noch nie zuvor gab es in einem Kalenderjahr dermaßen viele Siege von deutschen Profigolferinnen und Profigolfern auf den Touren dieser Welt. Wir werfen einen Blick auf die unterschiedlichen Schauplätze und stellen die neue Zukunftsgeneration in Schwarz-Rot-Gold vor.
Der letzte deutsche Major-Sieg bei den Herren datiert auf das Jahr 2014 zurück, als Martin Kaymer in eindrucksvoller Manier die U.S. Open in Pinehurst für sich entschied und nach der PGA Championship 2010 seinen zweiten Major- Titel verbuchen konnte.
Seitdem wurde es nicht nur um den Mettmanner ruhig, der in den letzten acht Jahren keinen einzigen Titelgewinn mehr verzeichnen konnte und sich nun auf der neu gegründeten LIV-Golf-Series versucht.
In Deutschland drehte sich ob der Formschwäche des Rheinländers so ziemlich alles nur noch um die Frage, was denn nur mit unserem Martin los sei.
Von den zahlreichen Nachwuchstalenten in Schwarz-Rot-Gold nahm man zwar Notiz, es konnte aber kein Einziger auch nur im Ansatz an die Erfolge von Golflegende Bernhard Langer oder eben Martin Kaymer anknüpfen.
Alleine der Gedanke an einen deutschen Major-Sieg mutete absurd an und blieb reinen Illusionisten vorbehalten.
Siegreiches Jahr für deutsche Golfprofis
Gut, von einem Major-Sieg sind die deutschen Herren nach wie vor noch ein ganzes Stück entfernt, doch hagelte es im Jahr 2022 plötzlich an allen Seiten Siege, die uns auf einmal in eine hoffnungsfrohe Zukunft blicken lassen. Auf der DP World Tour sorgten Max Kieffer und Yannik Paul im Herbst für ihre ersten Tour-Siege.
Auf der Challenge Tour gab es gleich fünf Saisonsiege, zwei davon durch Alexander Knappe.
Und auch die Damen standen den Herren in nichts nach: Auf der Ladies European Tour verteidigte zunächst Esther Henseleit im Frühjahr ihren Titel in Kenia, bevor Olivia Cowan mit ihrem ersten Sieg in Indien einen goldenen Herbst einläutete.
Für das Tüpfelchen auf dem „i“ sorgte im November die 16-jährige Chiara Noja, die bei der Aramco Team Series – Jeddah in Saudi-Arabien sensationell den Einzeltitel für sich entscheiden konnte.
Doch lassen Sie uns auf die einzelnen Touren im Detail blicken, welche Erfolge Golf-Deutschland im abgelaufenen Jahr verbuchen konnte und wer 2023 wo abschlagen wird. Und wir blinzeln auch ein wenig über die Landesgrenzen und informieren Sie neben den deutschen Athleten auch über das Abschneiden und den Status Quo der Österreicher und Schweizer.
DP World Tour – Golfprofis Max und Yannik auf Höhenflug
Die Dichte an deutschen Spielern auf der European Tour, die seit diesem Jahr als DP World Tour firmiert, war schon 2022 beeindruckend und das wird sich auch im kommenden Jahr nicht ändern.
Im Gegenteil. Mit Max Kieffer und Yannik Paul gab es zudem zwei Spieler, die ihren ersten Titel auf der DP World Tour feiern konnten. Wenngleich mit völlig anderen Vorzeichen.
Max Kieffer
Der 32-jährige Max Kieffer ist seit neun Jahren immer wieder vorne mit dabei, konnte aber noch nie das oberste Treppchen besteigen. Beim D+D REAL Czech Masters im Albatross Golf Resort in Prag beendete der Bergisch-Gladbacher aber die neunjährige Durststrecke und landete bei seiner 249. Turnierteilnahme den lange ersehnten, ersten Titel auf der DP World Tour.
Yannik Paul
Bei Yannik Paul sah die Sache völlig anders aus, spielte der 28-jährige Frankfurter doch in diesem Jahr seine Rookie-Saison auf der DP World Tour. Schon in den letzten Monaten hatte Paul des Öfteren sein Können unter Beweis gestellt.
Bei der Mallorca Golf Open 2022 setzte sich der Tour-Rookie im Son Muntaner Golf Club dann mit einem Schlag Vorsprung auf Landsmann Nicolai von Dellingshausen und den Engländer Paul Waring durch und feierte so bei seinem 26. Start seinen ersten Titel auf der DP World Tour.
Qualifikation für das Tour-Finale
Neben Max Kieffer und Yannik Paul spielten aber auch Hurly Long und Marcel Schneider eine tolle Saison und qualifizierten sich locker für das Tour-Finale der besten 60 Spieler in Dubai. Der schon erwähnte Nicolai von Dellingshausen und auch Matti Schmid verteidigten ihre Tourkarte und sind auch 2023 wieder mit von der Partie.
Zuwachs erhält das deutsche Sextett durch Nick Bachem und Tour-Veteran Marcel Siem, die sich beide bei der Final Stage der Qualifying School im spanischen Tarragona eine Kategorie für 2023 erspielten.
Und direkt von der Challenge Tour kommen noch Alexander Knappe und Freddy Schott, doch dazu gleich mehr …
Challenge Tour deutsche Dominanz auf ganzer Linie
Es war zweifelsohne das Jahr der Deutschen auf der Challenge Tour. Gleich fünf Siege landeten die Spieler des Golf Team Germany. Gleich beim ersten Turnier des Jahres in Südafrika konnte Alexander Knappe den Titel holen: Beim Dimension Data ProAm in Fancourt beendete der zu dem Zeitpunkt 32-jährige Paderborner mit dem Sieg eine fünfjährige Durststrecke auf der Challenge Tour.
Im Juli startete Marc Hammer dann mit seinem Sieg bei der Euram Bank Open im österreichischen Adamstal ein deutsches Sommermärchen. Velten Meyer gewann in Finnland, Freddy Schott in der Woche darauf in Dänemark und last but not least war es erneut Alexander Knappe, der Anfang September in Belgien triumphieren konnte.
In der finalen Order of Merit landeten Knappe als Gesamt-Dritter und Freddy Schott als Neunter in den Top Ten und steigen somit auf die DP World Tour auf. Eine fantastische Saison auf der Challenge Tour spielte auch der Schweizer Jeremy Freiburghaus, der am Ende auf dem zweiten Platz der Order of Merit landete.
Insgesamt acht Top-10-Plätze, darunter einen Sieg in England und zwei zweite Plätze, konnte der Bündner in diesem Jahr notieren. Der 26-jährige Pro aus Domat/Ems ist damit auf der DP World Tour gesetzt und gefühlt der erste Schweizer seit André Bossert, der wieder regelmäßig auf der höchsten europäischen Liga antreten darf.
PGA Tour – Golfprofi Stephan Jäger hält Fahne hoch
An dieser Stelle darf natürlich auch ein Blick über den großen Teich, auf die PGA Tour, nicht fehlen. Der Alleinunterhalter aus deutscher Sicht bleibt nach wie vor Stephan Jäger, der mit einem starken Saisonfinish nicht nur die Tourkarte halten konnte, sondern auch erstmals in die FedEx-Cup-Playoffs eingriff.
Rang 89 im finalen FedEx-Cup-Ranking waren nicht ganz das Gelbe vom Ei, aber dennoch ein Schritt vorwärts für den 33-jährigen gebürtigen Münchener, der seit dem 16. Lebensjahr in Chattanooga im U.S.-Bundesstaat Tennessee lebt.
Die neue PGA-Tour-Saison, die Mitte September im Napa Valley startete, begann für Jäger mit zunächst konstanten Ergebnissen im Geld, bevor er bei der Cadence Houston Open Mitte November mit dem geteilten neunten Platz ein erstes Ausrufezeichen setzte.
Am Tag nach Beendigung der RSM Classic durfte sich Jäger zudem über die Geburt seines ersten Kindes, Harrison Fritz, freuen. Deutsche Verstärkung gibt es in der neuen Saison durch Matti Schmid, der sich über die Korn Ferry Tour Finals noch eine Karte erspielte.
Der 24-jährige Senkrechtstarter, der 2021 als bester Amateur bei der 149. Open Champion brillierte, gilt als eine der größten Zukunftshoffnungen im deutschen Golfsport. Gleich doppelt sind auch in der neuen Saison die österreichischen Farben auf der PGA Tour vertreten.
Österreich gleich doppelt vertreten
Sepp Straka spielte sich 2022 so richtig ins Rampenlicht und konnte im Februar bei der Honda Classic als erster Österreicher ein Turnier der PGA Tour gewinnen. Beim ersten Event der FedEx-Cup-Playoffs, der St. Jude Championship, unterlag der 29-jährige gebürtige Wiener erst im Stechen und beendete die Saison auf dem siebten Platz.
In der neuen Saison war der Austro-Amerikaner bereits nahe dran an seinem zweiten PGA-Tour-Titel: Bei der Sanderson Farms Championship musste sich Straka erneut erst im Stechen dem Kanadier Mackenzie Hughes geschlagen geben.
Deutlich weniger spektakulär verläuft bislang die PGA-Tour-Karriere von Landsmann Matthias Schwab. Mit soliden Leistungen, wo aber der große Durchbruch nach oben noch auf sich warten lässt, konnte der 27-jährige Schladminger in seiner Rookie- Saison gerade noch so die Tourkarte halten.
PGA Tour Champions – Langer wird nicht müde
Wenn wir von einer neuen deutschen Welle berichten, passen die Leistungen des Golf-Pioniers Bernhard Langer zwar nicht ganz ins Bild, sind aber umso bemerkenswerter, als der mittlerweile 65-jährige Anhausener nicht müde wird, auf der Tour der Über-50-Jährigen weiterhin zu gewinnen.
Zuletzt erst vor seiner Haustüre bei der TimberTech Championship. Diese wurde im Royal Palm Yacht & Country Club ausgetragen, und damit praktisch direkt um die Ecke von Langers Haus in Boca Raton, Florida. Es war dies sein 44. Titel auf der PGA Tour Champions und er liegt damit nur noch einen Sieg hinter dem All-Time-Rekord von Hale Irwin.
„Ich bin mir nicht sicher, ob es ein Geheimnis gibt“, sagte Langer nach seinem jüngsten Triumph. „Es müssen viele Dinge zusammenkommen. Man muss gesund sein, hungrig, bereit zu arbeiten, ein gutes Team um sich haben, einen großartigen Caddie und einen guten Trainer. Und noch viele, viele andere Dinge.
Vor allem die Bereitschaft, unzählige Stunden zu arbeiten, denn viele Leute, die 50 oder 60 Jahre alt werden, sagen: ‚Ich hatte eine gute Karriere und werde es jetzt ein wenig ruhiger angehen lassen‘, aber das kann man hier nicht, es gibt zu viele gute Spieler.“
+++ Zum Thema: Bernhard Langer – ein Stiefkind der Medien +++
Bernhard Langer beendete die Saisonwertung, den Charles Schwab Cup, mit insgesamt zwei Siegen auf dem sechsten Platz. Mit Alex Cejka landete ein weiterer Deutscher als Zehnter in den Top Ten. Zwar konnte der PGA-Seniors-Champion von 2021 auf der amerikanischen Seniorentour keinen Sieg verbuchen, aber dieser gelang ihm bei einem seiner raren Auftritte in Europa.
Bei der JCB Championship im englischen Uttoxeter war der 51-jährige Deutsche eine Klasse für sich und spielte sich so auch in die Siegerlisten der Legends Tour.
Ladies European Tour – A star is born
Es war ein historisches Jahr für die deutschen Damen auf der LET. Esther Henseleit, die überwiegend auf der LPGA Tour spielt, trat zu Beginn der Saison im Februar noch zur Titelverteidigung in Kenia an und wiederholte bei der Magical Kenya Ladies Open den Triumph aus dem Vorjahr.
Olivia Cowan
Doch so richtig rund ging es dann erst in den letzten Wochen: Olivia Cowan gewann Mitte Oktober die Hero Women’s Indian Open und damit ihren ersten Titel auf der Ladies European Tour.
Mit nicht weniger als 27 Top-10-Platzierungen vor der Turnierwoche im DLF Golf and Country Club erzielte die 26-Jährige schließlich beim 96. Anlauf den lange ersehnten Durchbruch auf der Ladies European Tour. „Ich war schon ein paar Mal nahe dran und bin so glücklich, dass ich es endlich geschafft habe“, so Cowan.
Chiara Noja
Den absoluten Knaller lieferte dann aber Chiara Noja bei der Aramco Team Series im saudi-arabischen Jeddah ab, als sie sich sensationell den Einzeltitel holte. Die erst 16-jährige Deutsche, die bislang überwiegend auf der LET Access Series (LETAS) spielte und dort einen Titel gewinnen konnte (Amundi Czech Ladies Challenge 2022 mit neun Schlägen Vorsprung!), setzte sich im Stechen auf dem zweiten Extraloch gegen Routinier Charley Hull aus England zum Sieg durch.
Noja wurde 2006 in Berlin geboren und startete im Alter von drei Jahren mit dem Golfspiel. Im Alter von sieben Jahren wanderte sie mit ihrer Familie nach England aus. Vor zwei Jahren verlegte sie ihren Wohnsitz nach Dubai, wo sie das ganze Jahr über perfekte Trainingsbedingungen vorfindet.
„Ich glaube, ich habe es noch nicht ganz begriffen“, meinte Chiara Noja im Anschluss an ihren ersten Sieg auf der Ladies European Tour. „Ich glaube, das Glücksgefühl kommt erst später am Abend“, sagte die Teenagerin. Die diese Saison den zweiten Platz in der LET Access Series Order of Merit belegte und schon vor dem Sieg in Jeddah den Aufstieg auf die LET fixiert hatte.
Apropos LET Access Series. Neben Chiara Noja löste auch Patricia Isabel Schmidt, die Mitte August die Big Green Egg Swedish Match Play Championship gewinnen konnte, als Gesamt-Vierte in der Order of Merit ein Ticket für die LET. Und über einen weiteren Sieg auf der LET Access Series durfte sich die deutsche Golf-Community Anfang Oktober freuen.
Verena Gimmy
Verena Gimmy, die eigentlich eine niedrige Kategorie auf der LET hat, gab sich bei der Santander Golf Tour Burgos in Spanien die Ehre und trug völlig verdient den Siegerpokal, gleichbedeutend mit ihrem ersten Profisieg, davon. Damit wird 2023 eine regelrechte schwarzrot-goldene Armada auf der Ladies European Tour aufteen.
Neben den erwähnten Damen verteidigten auch Leonie Harm, Sophie Witt, Helen Tamy Kreuzer und Karolin Lampert ihre Tourkarte. Während die Schwestern Kim und Morgane Métraux (Letztere u. a. mit einem Sieg bei der Ladies Italian Open) die Schweizer Fahne auf der LET hochhalten, gibt es in Österreich neben den arrivierten Spielerinnen Christine Wolf und Sarah Schober mit Emma Spitz einen neuen „Rising Star“ zu bestaunen.
Die 22-jährige Göllersdorferin, die an der UCLA studierte, wechselte diesen Sommer als Nummer 5 in der Amateur-Weltrangliste ins Profilager. Sie konnte auf Anhieb vier Top-Ten-Platzierungen auf der LET einfahren. Spitz wird eine Spitzenkarriere vorhergesagt und das große Ziel lautet LPGA Tour.
LPGA Tour – Luft nach oben
Und damit zu guter Letzt noch ein Blick auf die Elite-Tour der Damen, die LPGA Tour. Dort hängen die Trauben naturgemäß etwas höher, doch verlief das Jahr 2022 für die deutschen Damen eher ernüchternd.
Als Beste etablierte sich einmal mehr die Tour-Veteranin Caroline Masson. Deren einziger Titel auf der LPGA Tour aber nun schon sechs Jahre zurückliegt. Nachdem sie im Mai 2023 mit Lebensgefährte Jason ihr erstes Kind erwartet, waren die CME Group Finals für längere Zeit ihr letztes Turnier.
Pech hatte die einzige deutsche Major-Siegerin Sophia Popov (AIG Women’s British Open 2020), die im Sommer bereits ihre Saison verletzungsbedingt beenden musste.
Esther Henseleit, die Dritte im Bunde, sicherte die Tourkarte ab. Für viel mehr reichte es 2022 aber auf der LPGA Tour nicht. Eine beeindruckende Story lieferte die Schweizerin Morgane Métraux beim letzten regulären Event vor den Finals, der Pelican Women’s Championship, ab.
In letzter Minute sicherte die Lausannerin mit dem besten Ergebnis ihrer Karriere, einem vierten Platz, die LPGA-Karte ab. „Ehrlich gesagt, ich bin stolz“, sagte Métraux, die einmal mehr, wenn es drauf ankommt, ihre Nervenstärke unter Beweis stellte.
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