29.11.2021 | 13:08

Camilo Villegas: Mia on my mind

Camilo Villegas
Golftimer
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Camilo Villegas – Der Kolumbianer, ehemals die Nummer 7 der Welt, ist nach langer Pause zurück auf der Tour. Im Interview erzählt der 39-Jährige, wie der Tod seiner Tochter Mia sein Leben verändert hat und welche Ziele er sich als Golfer für die Zukunft setzt. Von Peter Eggenberger.


Mit der Honda Classic in Palm Beach Gardens in Florida verbindet Camilo Villegas mehr als mit allen anderen Stationen auf der PGA Tour. Und das nicht nur, weil der 39-Jährige im Nachbarort Jupiter lebt. Im März 2010 feierte er dort immerhin einen seiner insgesamt vier Siege auf der Tour.

Zehn Jahre später war es eine der schwierigsten Turnierwochen seiner Karriere: Fast zwei Jahre war Camilo Villegas davor wegen einer langwierigen Verletzung der rechten Schulter nicht mehr auf der Tour angetreten.

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Ausgerechnet in der Woche vor der Honda Classic 2020 zeigte sein einziges Kind, die am 26. September 2018 geborene Tochter Mia Villegas, ungewöhnliche Symptome. Sie weinte viel häufiger als üblich. Am Sonntag vor dem Turnier wurde Mia dann im Nicklaus Children’s Hospital in Miami untersucht.

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Bilder aus glücklichen Tagen: Maria und Camilo mit Tochter Mia
Bilder aus glücklichen Tagen: Maria und Camilo Villegas mit Tochter Mia

Die niederschmetternde Diagnose: Tumore an der Wirbelsäule und im Gehirn. Trotzdem trat Camilo Villegas an. Kein Wunder im Nachhinein, dass er mit zwölf über Par den Cut klar verpasste. Was folgte, waren viereinhalb Monate zwischen Hoffen und Bangen.

Mia Villegas wurde in Miami mehrfach mit Chemotherapie behandelt und fünfmal am Gehirn operiert. Leider vergeblich. Im Alter von nur 22 Monaten starb sie am 26. Juli 2020.

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Ein Engel auf Erden: Mia Villegas (26.9.2018 – 26.7.2020)
Ein Engel auf Erden: Mia Villegas (26.9.2018 – 26.7.2020)

Herr Villegas, wie hat sich Ihr Leben seit dem Tod Ihrer Tochter Mia verändert? Was nehmen Sie mit aus dieser schwierigen Zeit?

Es war eine unglaublich emotionale Phase. Wir können die Vergangenheit nicht ändern. Ich hätte aber nie geglaubt, dass meine Frau Maria und ich aus unserem Schicksal so viel positive Energie gewinnen würden. Unsere Stiftung, die wir zu Ehren unserer Tochter in „Mia’s Miracles“ umbenannt haben, hat bereits viel Geld für karitative Zwecke gesammelt.

Meine Frau, die einen großen Teil der Stiftungsarbeit leistet, und ich haben aus der Golfwelt, aber auch von außerhalb große Unterstützung erfahren.

Wir wollen etwas zurückgeben an jene, die in Not sind und ein Lächeln brauchen. Das inspiriert mich in meiner weiteren Karriere als Golfer. Mia lebt in unseren Herzen weiter.

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Hilft Ihnen das Stiftungs-Engagement bei der Verarbeitung?

Meiner Frau auf jeden Fall. Sie kümmert sich enorm um die Anliegen der Stiftung. Wenn sie mir vom traurigen Schicksal kranker Kinder erzählt, denen die Stiftung hilft, ist es für mich manchmal zu viel. Es ist wirklich hart. Ich unterstütze die Stiftung und meine Frau, wo ich kann, bin aber nicht so intensiv eingebunden wie sie.

Ich fokussiere mich auf meine Golfkarriere. Dass wir mit der Stiftung Familien in ähnlichen Situationen helfen können, wie wir sie erlebt haben, erzeugt bei uns eine tiefe Befriedigung und Dankbarkeit. Das Lächeln anderer heilt gewissermaßen auch uns.

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Ist die Weiterführung Ihrer Karriere als Golfer für Sie persönlich dabei eine Hilfe?

Ja. Ich bin ein totaler Bewegungstyp. Ich kann nicht still zu Hause herumsitzen. Die Schulterverletzung bremste mich im Golf ziemlich, sodass ich andere Sportarten wie Biken als Training ausübte. Das Biken lenkte mich von meiner Verletzung und der damit verbundenen Pause im Golf ab.

Harte Arbeit und der volle Fokus haben mich als Golfer stets ausgezeichnet. Ich bin glücklich darüber, was mir Golf als Sportler und als Mensch gegeben hat. Umso mehr freue ich mich und bin extrem dankbar, dass ich mich wieder mit den besten Spielern auf der Tour messen kann.

Familien-Idylle: Mias 1. Geburtstag
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Wie beurteilen Sie Ihre Leistungen seit dem Comeback?

Die Resultate waren noch nicht konstant, aber ich spüre, dass ich zu alter Stärke zurückfinden kann. Gegen Ende des vergangenen Jahres spielte ich nach durchwachsenem Start besser. Dieses Jahr habe ich bei der Honda Classic im März gut gespielt.

Das war eine besonders tolle Woche: Ich konnte im eigenen Bett schlafen und mit dem 8. Rang war ich zufrieden, obwohl ich mit nur zwei Schlägen weniger den zweiten Platz belegt hätte und so das uneingeschränkte Spielrecht auf der Tour hätte behalten können.

Ich spielte konstant und hatte meine Gefühle im Griff. Es war das letzte Turnier, das ich seit meiner Rückkehr auf die Tour nach meiner Schulterverletzung unter der Medical Extension gespielt habe.

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Hat der Tod Ihrer Tochter Sie als Golfer verändert?

Diese Erfahrung verändert zweifellos. Man betrachtet das Leben anders, wird dankbar für gewisse Dinge. Man entwickelt sich als Mensch, wenn einen das Leben so hart schüttelt wie mich. Es ist aber schwierig zu sagen, ob ihr Tod Einfluss auf mein Golf hat.

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Sobald ich zum ersten Abschlag gehe, bin ich nur noch auf das Turnier fokussiert. Das hat sich nicht geändert. Wie ich trainiere, wie ich schwinge, wie ich einen Golfplatz analysiere, wie ich mit dem Turnierdruck umgehe, da bin ich immer noch der gleiche Spieler.

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Ist der Ergebnisdruck noch derselbe wie früher?

Ich habe gemerkt, dass das Wichtigste in meiner Golfkarriere der Entwicklungsprozess ist, den ich als Spieler ständig durchlaufe. Wer sich nur auf die Ergebnisse konzentriert, verpasst es, diesen Prozess bewusst wahrzunehmen und daraus zu lernen, ein besserer Spieler zu werden.

Das Training, auch die Komponenten Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit als Basis, bekommt auf diese Weise eine andere, tiefere Bedeutung. Ich genieße jeden Schlag im Training, ob Kurzspiel, Putten oder Drives. Das ist für mich entscheidend. Damit kommen fast automatisch gute Resultate bei den Turnieren.

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Gab es Momente, in denen Sie an Rücktritt dachten?

Jeder Spieler, der etwas mit meiner Situation Vergleichbares durchmacht, hat Tausende von Gedanken, die sich nicht um Golf drehen. Es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, dass ich mich nie mit dem Karriereende befasst habe. Das war aber nicht meine wahre innere Stimme.

Sie wurde überlagert von Frustration. Golf hat mir viel gegeben. Ich habe den Sport stets sehr geliebt, vor allem in den Perioden, in denen ich gute Ergebnisse erzielte. Das hat am Ende den Ausschlag gegeben weiterzumachen.

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Seit Ihrem Comeback ist Ihr Bruder Manuel Ihr Caddie. Wie kam es dazu?

Er ist ein sehr guter Spieler. Er hat von mir gelernt, ich von ihm. Ihn am Bag zu wissen, beruhigt mich sehr. Es hilft, dass wir beide das ganze Leben des anderen kennen. Außerdem haben wir viel Spaß zusammen. Ich hoffe, dass ich noch viele Birdies spiele, damit er genug verdient (schmunzelt).

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Wie sehen Ihre golferischen Ziele aus?

Ich peile einen Platz in den Top 50 der Weltrangliste an, der mir die Teilnahme an weiteren Majors ermöglichen würde. Bei einem Major zu spielen ist großartig. Andererseits darf ich mich nicht zu sehr damit beschäftigen, weil das einen negativen Einfluss auf meine Leistungen haben könnte. Ich möchte die Dinge einfach geschehen lassen.

Mitte März haben Sie zusammen mit Ihrer Frau im Nicklaus Children’s Hospital in Miami einen Ruheraum für das Ärzte und Pflegepersonal eröffnet. Dort wurde Ihre Tochter Mia behandelt, dort ist sie gestorben. Die Rückkehr muss für Sie ein sehr emotionaler Moment gewesen sein?

Allerdings. Wir haben gesehen, wie anspruchsvoll und anstrengend die Arbeit in einem Kinderkrankenhaus ist. Der Einsatz des Personals ist unglaublich. Es setzt alles daran, dass die Kinder gesund werden, und begleiten, die Eltern mit positiver Energie.

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Emotionales Engagement: Einweihung des Ruheraums im Nicklaus Children‘s Hospital
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Wir stellten fest, dass ein Raum fehlte, in den sie sich für kurze Zeit zurückziehen konnten, um diese Energie zu tanken, aber auch um Abstand zu gewinnen. Meine Frau Maria hatte die Idee. Es war extrem berührend, die Reaktionen des Teams zu erleben, ihre Freude, ihre Dankbarkeit.

Wir konnten ihnen etwas zurückgeben, nachdem sie für uns und unsere Tochter stets da gewesen waren. Für mich war es sehr hart. Es war das erste Mal, dass ich nach Mias Tod dorthin zurückkehrte. Ich durchlebte Schockwellen und Flashbacks. Es waren sehr gemischte Gefühle.

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Sie haben eine besondere Beziehung zu Jack und Barbara Nicklaus. Weshalb?

Sie sind mit ihrer Stiftung Schirmherren der Honda Classic in Palm Beach Gardens. Ich wohne im Nachbarort Jupiter. Jack und Barbara sammeln mit diesem Turnier seit 2007 viel Geld, unter anderem für das Nicklaus Children’s Hospital in Miami. Unsere Stiftung ist enge Partnerin dieses Kinderkrankenhauses.

Barbara half uns damals sehr. Sie organisierte am Sonntag vor dem Turnier kurzfristig Untersuchungen für Mia. Und mit Jack konnte ich nach Mias Tod sehr gute Gespräche führen. Er und Barbara haben vor vielen Jahren einen 17 Monate alten Enkel durch Ertrinken verloren. Sie wissen also genau, was Maria und ich durchgemacht haben und durchmachen.

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Info Mia’s Miracles

Camilo Villegas ist Vizepräsident, seine Frau Maria Präsidentin der Stiftung „Mia’s Miracles“. Die Leistungen der Stiftung kommen Familien mit kranken Kindern in den USA und Kolumbien zugute.

Beach Walks: An Mias „virtuellem“ 2. Geburtstag wurden über 80.000 U.S.-Dollar gesammelt
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Weitere Projekte kümmern sich um die ausreichende Ernährung von Kindern in Kolumbien und um die Beschaffung von Büchern für Kinderkrankenhäuser. Mit Beach Walks an Mias „virtuellem“ 2. Geburtstag, dem ersten größeren Fundraising-Event der Stiftung, wurden über 80.000 U.S.-Dollar gesammelt.

Info: www.mias-miracles.org

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